Heimlich-Manöver bei Erstickungsgefahr | Medizinlexikon
Jenen legendären Griff, der bereits in unzähligen Hollywoodfilmen Leben rettete gibt es wirklich: das sogenannte Heimlich Manöver beschreibt einen speziellen Handgriff, der als Erste Hilfe Maßnahme bei Erstickungsgefahr gesetzt wird um Menschen mit einem Fremdkörper-Verschluss der Atemwege zu helfen. Die lebensrettende Sofortmaßnahme, die nach dem US Arzt Henry Jay Heimlich benannt ist, wird eingesetzt um die Verlegung der Luftröhre durch Speisereste (etwa durch Verschlucken) zu beseitigen und die drohende Erstickung abzuwenden.
Todesfälle durch Ersticken, wenn beispielsweise ein Bissen im Halse stecken bleibt, kommen weit häufiger vor als man denkt: Allein in Deutschland wurden im Jahr 2008 nach Angaben des Statistischen Bundesamtes mehr als 600 derartiger Fälle dokumentiert.
Neben älteren Menschen mit Schluckstörungen – etwa nach einem Schlaganfall – sind vor allem Babys und Kleinkinder vermehrt betroffen und besonders gefährdet. Die lebensrettenden Maßnahmen unterscheiden sich bei den beiden Risikogruppen allerdings.
Das Rote Kreuz unterscheidet zwei verschiedene Arten der Atemwegsverlegung: die teilweise Verlegung wird an leichtem oder schwerem Husten erkannt. Wenn jemand etwas in die “falsche Röhre” (also die Luftröhre anstatt die Speiseröhre) bekommen hat, atmet der Körper als Abwehrreaktion langsam Luft ein und das Objekt – egal ob fest oder flüssig – wird durch festes Aushusten entfernt. Führt dies nicht gleich zum Erfolg können zwei bis drei gezielte feste Schläge Abhilfe schaffen. Mehr Schläge sind unangebracht, denn wer eine leichte Verlegung der Atemwege hat, will weiter raushusten und dafür muss er Luft einatmen. Das kann er aber bei ununterbrochenen Schlägen auf den Rücken nicht mehr.
Eine schwere Atemwegsverlegung wird dagegen am Würgen der betroffenen Person erkannt. Sie kann nicht mehr sprechen und auch nicht mehr husten, die Hautfarbe verändert sich rasch und die Person kann schnell das Bewusstsein verlieren. In diesem Fall kann man sie durch vier bis fünf gezielte feste Schläge zwischen die Schulterblätter – dabei stützt man den Brustkorb mit der anderen Hand – vom Fremdkörper befreien und dadurch vor dem Ersticken retten. Nützt dies nichts, wird bei Erwachsenen das sogenannte Heimlich-Manöver angewendet.
Das Heimlich-Manöver – wenn ein Handgriff Leben rettet
Der Helfer stellt sich hinter dem Patienten und umfasst ihn. Die Arme des Helfers umfassen dabei von hinten den Oberbauch des Patienten. Der Helfer bildet mit einer Hand eine Faust und legt sie zwischen Brustbeinende und Nabel des Patienten. Mit der anderen Hand umfasst er die Faust und zieht sie dann ruckartig kräftig gerade nach hinten zu seinem Körper. Die Zugbewegung wird also ruckartig nach innen und oben ausgeführt – der Betroffene lehnt dabei etwas nach vorne. Durch den Griff wird der Druck in der Lunge erhöht um den Fremdkörper aus der Luftröhre zu befördern.¹
Das Mannöver wird bis zu fünf Mal angewendet, wenn dies nicht zum Erfolg führt und der Patient bewusstlos wird, muss unmittelbar mit Wiederbelebungsmaßnahmen begonnen werden.
Ist man selbst von der Verlegung der Atemwege betroffen, alleine und keine Hilfe in Sicht, behilft man sich ebenfalls mit den Heimlich-Manöver wie in der Abbildung dargestellt. Dabei nimmt man einen Sessel zur Hilfe, formt seine Hände zu Fäusten, positioniert diese unterhalb des Brustbeins und lässt sich ruckartig an der Sesselkante absacken, sodass die Fäuste den entsprechenden Druck auf die Lunge auswirken.
Erste Hilfe bei Erstickungsunfällen von Säuglingen und Kindern
Bei Babys und Kleinkindern unter einem Jahr sollte allerdings vom Heimlich Manöver wegen möglicher Verletzungen unbedingt abgesehen werden. Stattdessen werden Schläge zwischen den Schulterblätter eingesetzt:
- Der Säugling wird mit dem Kopf nach unten in Bauchlage gehalten, damit die Schwerkraft zur Entfernung des Fremdkörpers beitragen kann.
- Im Sitzen oder Knien sollte der Retter in der Lage sein, den Säugling sicher auf dem Schoss zu halten.
- Der Kopf des Säuglings wird gestützt, indem der Daumen der einen Hand auf den Winkel des Unterkiefers gelegt wird und ein oder zwei Finger derselben Hand auf den gleichen Punkt auf der anderen Seite des Kiefers.
- Es ist darauf zu achten, keinen Druck auf die Weichteilgewebe unter dem Kinn des Säuglings auszuüben; hierdurch würde die Atemwegsobstruktion noch verstärkt.²
Der Heimlich-Handgriff war lange Zeit umstritten, da man Verletzungen im Bauchraum durch den hohen Druck befürchtete. Seit 2010 ist die Methode in den aktuellen weltweit gültigen Leitlinien zur Reanimation jedoch wieder empfohlen.
Bei
- Fischgräten funktioniert das Prinzip kaum, weil diese die Atemwege nicht komplett verschließt und daher der Überdruck an ihr vorbei entweicht, ohne sie zu befördern.
- Ertrinken: Versuche, mit dem Heimlich-Manöver Wasser aus der Lunge zu entfernen, sollten unbedingt unterlassen werden.
- bereits eingetretener Bewusstlosigkeit wird das Heimlich-Manöver ebenfalls nicht durchgeführt – hier muss sofort mit der Herz-Lungen-Wiederbelebung begonnen werden.
Die Anwendung des Heimlich-Manövers birgt die Gefahr von inneren Verletzungen beim Patienten (Milz, Leber, Magen, Niere, Aortenruptur – also ein Aufplatzen der Hauptschlagader) und Rippenbrüchen. Der Patient muss auf jeden Fall ins Spital gebracht werden, damit derartige Verletzungen ausgeschlossen werden können. Bei akuter Lebensgefahr jedoch nimmt man eventuelle Verletzungsrisiken in Kauf. Generell sollte man das Heimlich-Manöver nur bei einer ausgeprägten Verlegung der Atemwege nutzen, wenn alle anderen Maßnahmen nicht zum Erfolg führen. Wegen der drohenden Verletzungen darf der Heimlich-Handgriff niemals „geübt“ werden!
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Quelle:
¹ Verlegung der Atemwege (Rotes Kreuz)
² samariter.ch: Aspiration beim Kind
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