Endometriose | Krankheitslexikon
In Österreich leidet ungefähr eine von 10 Frauen an Endometriose – bis zur definitiven Diagnose vergehen aber zumeist über fünf Jahre.
Damit stellt dieses Leiden die zweithäufigste Krankheit der Frau dar. Trotz eindeutiger Symptome und der weiten Verbreitung ist die Erkrankung noch immer unzureichend erforscht und ihre Ursache weiterhin unbekannt.
Endometriose – Artikelübersicht:
- Endometriose – die häufigsten Fragen
- Symptome der Endometriose
- Diagnose
- Bewusstsein schärfen – Leid verhindern
- Behandlung
- Endometriosediagnose zunehmend in jüngerem Alter
- Linktipps
Endometriose ist eine der häufigsten gynäkologischen Erkrankungen, die zudem meist bereits in jungem Alter auftritt.
Wir haben an dieser Stelle die wichtigsten Informationen übersichtlich zusammengefasst: Erfahren Sie alles über Ursachen, Beschwerden und moderne Therapiemöglichkeiten.
Endometriose – die häufigsten Fragen
Was ist Endometriose?
Bei der Endometriose handelt es sich um eine gutartige, aber schmerzhafte und chronische Wucherung der Gebärmutterschleimhaut (Endometrium) außerhalb der Gebärmutter (Uterus).
Es wird geschätzt, dass etwa 10 bis 15 Prozent aller Frauen zwischen der Pubertät und den Wechseljahren daran erkranken – damit ist sie eine der häufigsten gynäkologischen Erkrankungen überhaupt.
Warum hat man so starke Schmerzen bei Endometriose?
Starke Menstruationsschmerzen bzw. Schmerzen im Unterbauch, beim Geschlechtsverkehr, Urinieren oder Stuhlgang sind typisch für Endometriose.
Die Schmerzen können auch außerhalb der Regel auftreten, die Ursache sind Entzündungsprozesse der Wucherungen , aber auch durch mechanische Einschränkungen der Organe herrühren. Wwenn etwa der Darm durch die Endometriose an der Gebärmutter aufgrund von Entzündungen „festklebt“.
Häufig werden auch unspezifische Probleme wie leichtes Fieber,r Rückenschmerzen und Antriebslosigkeit von Patientinnen genannt.
Endometriose – wann operieren?
Die Behandlung von endometriose Patientinnen ist für den behandelnden Arzt keine einfache Aufgabe, denn nicht alle Betroffenen sprechen auf die Behandlung mit hormonell wirksamen Medikamenten an.
Lässt sich also medikamentös keine Besserung der Beschwerden erzielen, so wird eine Bauchspiegelung durchgeführt, um sicherzustellen, dass die starken Schmerzen wirklich durch Endometriose verursacht werden. Wird dies bestätigt, kommt eine Operation in betracht.
Dabei werden Herde durch Wärmeeinwirkung verödet (sogenannte Koagulation), Zysten ausgeschält oder Verwachsungen gelöst. Bei vielen Frauen werden die Beschwerden alleine durch die operative Entfernung der Herde besser, sodass dann keine weitere hormonelle Therapie mehr notwendig ist.
Warum besteht bei Endometriose die Gefahr der Unfruchtbarkeit?
tatsächlich ist Endometriose eine der Hauptursachen für weibliche Unfruchtbarkeit und damit häufigster Grund für unerfüllten Kinderwunsch. Dies passiert häufig dann wenn die Eileiter durch Entzündungen verklebt werden und das Ei nicht mehr in die Gebärmutter wandern kann.
Es kann aber auch schon die Wanderung der Samenzellen zur Eizelle behindern, oder eben nach erfolgter Befruchtung den Weg der sich teilenden Eizelle zur Gebärmutterhöhle verhindern. Eine Implantation, also Einnistung in die Gebärmutterschleimhaut, bleibt dann trotz Befruchtung aus und der Embryo wird mit der nächsten Menstruationsblutung ausgestossen.
Symptome der Endometriose
Kardinalsymptome der Endometriose sind mit dem Menstruationszyklus verbundene krampfartige Schmerzen von zunehmend größerer Intensität als “normale” Regelschmerzen, aber auch chronische Bauch- und Rückenschmerzen vor der Periode, migräneartige Kopfschmerzen und innere Schmerzen beim Geschlechtsverkehr.
Typisch ist das Entstehen von sogenannten Endometriosezysten (Schokoladezysten) im Bereich der Eierstöcke, die durch Gebärmutterschleimhautinseln, welche sich im Körper vor allem in und an den weiblichen Geschlechtsorganen oder in der Nähe davon, z. B. Eierstöcke, Gebärmutter, Eileiter, Scheide, aber auch Blase, Harnleiter und Darm ansiedeln, verursacht werden.
Die Beschwerden hängen von der Schmerzintensität ab. Es gibt Frauen mit schwerer Endometriose, die keine Beschwerden haben, und Frauen, die nur punktuelle Herde haben und unter intensiven Beschwerden leiden. Auf keinen Fall aber korreliert die Intensität der Symptome mit dem tatsächlichen Ausmaß einer Endometriose!
Diagnose
Der Verdacht auf Endometriose entsteht meist, wenn eine Frau vorerst unklare, meist zyklische Schmerzen im Unterleib entwickelt, sie an unerfülltem Kinderwunsch leidet oder zufällig im Rahmen einer gynäkologischen Tastuntersuchung oder durch Ultraschall eine Raumforderung im kleinen Becken festgestellt wird.
Eine sichere Diagnose und erst recht eine Therapie sind ausschließlich durch einen operativen Eingriff in Vollnarkose, meist in Form einer Bauchspiegelung (Laparaskopie), möglich.
Ursachen der oftmals späten Diagnose
Die Kombination aus unspezifischen Symptomen, mangelndem Bewusstsein und fehlenden nicht-invasiven Diagnosetests führt dazu, dass Endometriose oft erst spät erkannt wird.
Im Durchschnitt vergehen zwischen den ersten Symptomen und der Diagnose 7–10 Jahre.
Die Hauptgründe sind:
1. Unspezifische Symptome
– Die Symptome von Endometriose, wie Schmerzen während der Menstruation, Schmerzen beim Geschlechtsverkehr, chronische Unterbauchschmerzen oder unerfüllter Kinderwunsch, sind oft unspezifisch. Sie werden leicht als „normale Menstruationsbeschwerden“ abgetan, sowohl von Betroffenen als auch von medizinischem Fachpersonal.
– Symptome können variieren, was die Erkrankung schwer erkennbar macht. Einige Frauen haben starke Beschwerden, andere trotz ausgedehnter Endometriose keine Symptome.
2. Normalisierung von Schmerzen
– Menstruationsschmerzen gelten in vielen Gesellschaften als „normal“, weshalb Betroffene ihre Beschwerden oft lange nicht als medizinisches Problem wahrnehmen oder zögern, ärztliche Hilfe zu suchen.
3. Fehlende spezifische Diagnosetests
– Es gibt keinen einfachen Blut- oder Labortest zur sicheren Diagnose von Endometriose.
– Die Goldstandard-Diagnose erfolgt mittels Bauchspiegelung (Laparoskopie), einem invasiven Eingriff, der oft hinausgezögert wird.
4. Geringes Bewusstsein
– Auch im medizinischen Bereich herrscht teilweise ein unzureichendes Bewusstsein für Endometriose, insbesondere in der Allgemeinmedizin. Beschwerden werden nicht immer richtig eingeordnet.
5. Überlappung mit anderen Erkrankungen
– Symptome wie Schmerzen und Verdauungsprobleme können leicht mit anderen Erkrankungen, z. B. Reizdarmsyndrom, entzündlichen Darmerkrankungen oder Blasenentzündungen, verwechselt werden.
6. Hormonelle Therapie vor der Diagnose
– Frauen erhalten häufig hormonelle Behandlungen (z. B. die Pille), die die Symptome unterdrücken können, ohne dass die zugrunde liegende Ursache erkannt wird.
Ein besseres Bewusstsein bei Patientinnen und Ärzten sowie der Zugang zu spezialisierten Zentren könnten die Diagnosezeit zweifellos erheblich verkürzen.
Bewusstsein schärfen – Leid verhindern
“Die Gefährdung entsteht in erster Linie aus der Verzögerung der Diagnosestellung und der inkonsequenten Behandlung der betroffenen Frauen. Es ist bekannt, dass ein langes Intervall zwischen dem Auftreten der ersten Symptome und der Diagnose liegt.
Daher entsteht häufig ein sehr hoher Leidensdruck”, berichtet Doreen Jackisch, Leiterin der Beratungsstelle der Endometriose-Vereinigung Deutschland e.V. Es gibt gute Daten aus Amerika und aus England, die besagen, dass in diesen Ländern nach Erstsymptomen die Diagnose erst 6 bis 8 Jahre später tatsächlich feststeht.
In dieser Zeit kann die Gebärmutterschleimhaut weiter wuchern und die Beschwerden teilweise auch chronifizieren.
Durch den chronischen Verlauf der Erkrankung kommt es in vielen Fällen zu oft mehrfachen Operationen und in allen Fällen zu starken Schmerzen. Dies zieht anhaltende Arbeitsausfälle und Krankschreibungen nach sich und hat Auswirkungen auf das gesamte soziale Umfeld der Patientin und deren Lebensqualität.
Als Stichwörter seien hier zu nennen: Kinderlosigkeit, Partnerschaftsverlust, Einschränkung sozialer Kontakte, Medikamentenmissbrauch. Hier müssen gezielte Verbesserungen im diagnostischen Bereich greifen.
Einen ersten Schritt zur umfassenden Beschreibung der Endometriose und somit zur eindeutigen Klassifizierung bilden die im vergangenen Jahr von der Arbeitsgemeinschaft gynäkologische Endoskopie (AGE) der Deutschen Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe (DGGG) aufgestellten Leitlinien Endometriose.
Diese Leitlinien sollen sowohl Medizinern Hilfestellung bei der Erkennung einer Endometriose geben als auch ratsuchende Betroffene ansprechen. Überdies empfehlen die Leitlinien dringend eine sorgfältige Nachbehandlung zur Wiedererlangung des körperlichen, seelischen und sozialen Wohlbefindens.
Behandlung
Die Therapie richtet sich nach dem Umfang der Krankheit: Man kann die Endometriose mit einer Operation behandeln, indem Herde durch Wärmeeinwirkung verödet (Koagulation), Zysten ausgeschält oder Verwachsungen gelöst werden.
Meist ist dies im Rahmen einer Bauchspiegelung möglich, sodass nur bei sehr ausgedehnter Endometriose oder wiederholten Eingriffen ein größerer Bauchschnitt notwendig ist. In besonders schweren Fällen ohne Kinderwunsch bringt erst die Entfernung der Gebärmutter (bei Endometrioseherden in der Uteruswand) und vor allem der Eierstöcke definitive Linderung.
Symptomatisch können die Schmerzen mit Schmerzmitteln wie etwa Acetylsalicylsäure, Buscopan, Ibuprofen, Diclofenac oder Naproxen behandelt werden. Auch die Akupunkturbehandlung hat sich bei der Bekämpfung der Symptome bewährt.
Bisher gibt es keine ursächlichen Behandlungsmöglichkeiten, durch die eine Endometriose grundsätzlich beseitigt oder geheilt werden könnte. Es gibt ebenfalls noch keine Behandlung, die das Entstehen einer Endometriose verhindert.
Endometriosediagnose zunehmend in jüngerem Alter
Endometriose ist eine häufige aber oft unbemerkte Frauenkrankheit: wie häufig die Endometriose neu diagnostiziert wird, also ihre Inzidenz, ist nicht gut beschrieben.
Wissenschaftler untersuchten dies deshalb in Deutschland mit Blick auf den Verlauf der Inzidenz über den Zeitraum von 2014 bis 2022 und veröffentlichten 2024 die Ergebnisse.
Die Deutschland-weite Analyse zeigt, dass Endometriose jährlich bei etwa 4 Mädchen oder Frauen pro 1 000 Personen zwischen 10 und 52 Jahren neu diagnostiziert wird. Die Inzidenz stieg seit 2014 insgesamt und ganz besonders in jüngeren Altersgruppen stark an.
Die Inzidenz der Endometriose betrug 2,8/1 000 Personen in der Risikopopulation im Jahr 2014 und stieg auf 4,1/1 000 Personen im Jahr 2022 an. Dies entspricht einem relativen Anstieg um 44 %. Die Analyse zeigte zudem eine deutliche Verschiebung der Altersstruktur, mit einer stärker zunehmenden Inzidenz in jüngerem Alter.
Die Autoren vermuten, dass dies für den allmählich verbesserten Bekanntheitsgrad der Erkankung spricht und womöglich auf eine etwas frühere Diagnose und Behandlung deutet.
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Quelle:
¹ Patienteninformation Endometriose – Ärztliches Zentrum für Qualität in der Medizin (ÄZQ)
² Endometriose-Vereinigung Deutschland e.V.
³ The Incidence of Endometriosis, 2014–2022. An Analysis of Nationwide Claims Data From Physicians in Private Practice. (Kohring C, et al. in Dtsch Arztebl Int. 2024 Sep 20;(Forthcoming):arztebl.m2024.0160. Epub ahead of print.) PMID: 39189056
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Linktipps
– Welches Verhütungsmittel bei Endometriose?
– Gebärmutter-Entfernung
– Eileiterschwangerschaft: ELSS – was ist das?
– Unfruchtbarkeit der Frau
– Johanniskraut | Heilpflenzenlexikon
[Verfasst 08/2007, Update: 11/2024]