Blutzuckermessung | Medizinlexikon
Bei der Blutzuckermessung wird der Zuckergehalt – genauer gesagt die Konzentration an gelöstem Traubenzucker (Glukose) – im Blut ermittelt. Dies ist eine wichtige Basis für alltägliche Therapie- und Verhaltensentscheidungen bei Diabetes. Der Blutzuckerwert wird in Milligramm pro Deziliter (mg/dl) angegeben und beträgt etwa 70-120 mg/dl. Normalerweise verändert sich der Blutzuckerwert im Laufe des Tages nur wenig. Am Morgen nach dem Aufstehen ist er am niedrigsten, nach dem Essen steigt er an. Moderne Blutzuckermessgeräte benötigen für die Messung des Blutzuckers nur mehr eine sehr geringe Menge Blut.
Die Weltgesundheitsorganisation warnt schon seit Jahren vor einer Diabetes-Lawine. Zahlreiche internationale Studien belegen, dass eine verbesserte Lebenserwartung und die Vermeidung von Langzeitschäden für Typ-1- und Typ-2-Diabetiker durch eine optimale Blutzuckereinstellung zu erreichen ist. Allerdings bringt eine gute Blutzuckereinstellung bei insulinpflichtigen Patienten ein erhöhtes Risiko der Unterzuckerung mit sich. So der Salzburger Diabetesexperte, Universitätsdozent Dr. Raimund Weitgasser, Primarius an der Inneren Medizin im Diakonissenkrankenhaus Salzburg.
Blutzuckermessung – Interview Prim. Dr. Prager, Prim. Dr. Fasching und Prim. Dr. Weitgasser
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Interview
mit Univ. Prof. Dr. Rudolf Prager, Vorstand der 3. Medizinischen Abteilung im Krankenhaus Hietzing in Wien, Prim. Univ. Prof. Dr. Peter Fasching, Vorstand der 5. Medizinischen Abteilung im Wilhelminenspital Wien und Prim. Univ. Doz. Dr. Raimund Weitgasser, Past-Präsident der Österreichischen Diabetes Gesellschaft ÖDG und Leiter der Abteilung für Innere Medizin am Diakonissenkrankenhaus Salzburg.
Dr. Weitgasser: Je besser der Langzeitwert, desto knapper natürlich auch die Einstellung und die Wahrscheinlichkeit einmal Hyperglykämie zu bekommen und je mehr solche grenzwertigen Unterzuckungen auftreten, desto weniger kommen die typischen Symptome. Das ist auch von der Diabetesdauer abhängig. Wenn man Diabetes zehn bis dreißig Jahre oder länger hat, nehmen diese typischen Symptome ab und der Patient erkennt sie einfach nicht mehr. Das geht ganz plötzlich. Es kann während des Autofahrens oder während einer Beschäftigung an einer Maschine, wo man sich verletzen könnte passieren und dort ist es wichtig, dass man diese Unterzuckerungen frühzeitig erkennt.
Anmerkung: Wer eine optimale Blutzuckereinstellung erreichen möchte, muss seine Krankheit gut kennen und die Blutzuckerwerte strukturiert messen. Der Blutzuckerwert wird aus Kapillarblut bestimmt. Dazu benutzt man üblicherweise ein Blutzuckermessgerät-Set, das aus einem Messgerät, einem Teststreifen und einer Stechhilfe mit wechselbaren Lanzetten besteht. Das Kapillarblut kann mittels Stechhilfe durch einen Stich in die Fingerkuppe oder das Ohrläppchen gewonnen werden.
Da der Zucker sich aber ständig in Bewegung befindet und je nach Nahrungszufuhr oder körperlicher Bewegung schwankt, sind punktuelle Messungen oft nicht ausreichend. Neue Geräte und Methoden der kontinuierlichen Messung ergeben hingegen Tages- und Langzeitprofile und geben damit Aufschluss über Therapiewirkung, aktuelle Zuckerschwankungen, bis hin zu gefährlichen Zuckerentgleisungen.
Ein Sensor wird am Bauch des Patienten angebracht und misst den sogenannten Gewebezucker. Ein kleines Gerät mit Funkempfänger zeichnet diese Daten auf und am Monitor werden wichtige und unmittelbare Hinweise bezüglich der Zuckerwerte sofort angezeigt. Ein akustischer Alarm warnt bei drohender Unter- oder Überzuckerung. Dies ist gerade in der Nacht oder bei Autofahrten eine zusätzliche Sicherheit, die Leben retten kann.
Dr. Prager: Dieses Verfahren ist natürlich nicht für alle Diabetiker geeignet, aber es ist sehr hilfreich für die Typ-1-Diabetiker. Das sind jene, die von Anfang an Insulin und auch sehr komplizierte Insulinsubstitutionen brauchen, also entweder eine funktionelle Therapie oder auch eine Insulinpumpe haben. Bei Patienten, die normalerweise sehr oft (fünf bis sechs mal am Tag) Blutzucker messen müssen, ist es natürlich sehr hilfreich durch die kontinuierliche Blutzuckermessung Hinweise auf die Stoffwechseleinstellung zu
bekommen, was auch Auswirkungen auf die Therapieempfehlungen hat.
Anmerkung: Außerdem hat man festgestellt, dass die jederzeit unmittelbar zur Verfügungen stehenden Werte, die Bereitschaft des Patienten (Compliance) aktiv zur Therapie das entsprechende beizutragen, massiv erhöht haben.
Dr. Prager: Patienten lernen durch das Tragen eines solchen Systems. Diese Studie hat auch gezeigt, dass diejenigen, die das System länger verwenden sich besser über ihren Stoffwechsel informieren können. Dieser Lernprozess wirkt sich auch dadurch aus, dass die Stoffwechseleinstellung verbessert wird.
Dr. Weitgasser: Die zweite Möglichkeit ist, dass man das als therapeutisches Mittel verwendet und dann doch meist mit einer Insulinpumpe, oder zumindest mit einer intensivierten Insulintherapie kombiniert, wo mehr als einmal am Tag Insulin injiziert wird und der Patient sich nicht nur nach Einzelwerten, sondern Trends richten kann. Wenn der Trend nach unten geht und einer Unterzuckerung naht, kann er frühzeitig entweder seine Insulindosis entsprechend reduzieren oder eine Mahlzeit zuführen, damit es nicht zu einer Unterzuckerung kommt. Andererseits kann man, wenn der Wert entsprechend steigt oder entgleist schon eine Korrektur mit einem kurz wirksamen Insulin geben, bevor es zu einer gewissen Höhe kommt.
Anmerkung: Träger solcher Systeme sind weder beim Duschen noch beim Schwimmen, auch nicht in ihrer Bewegung eingeschränkt. Ein bis drei mal täglich ist eine konventionelle Blutzuckermessung nötig, um das Gerät mit dem manuell gemessenen Wert zu kalibrieren.
Informationen zur Blutzuckerselbstkontrolle
Ein kleiner Pieks in den Finger, ein Tröpfchen Blut auf den Teststreifen, und nur wenige Sekunden später zeigt das Messgerät den aktuellen Blutzuckerwert an. Moderne Geräte zur Blutzuckerselbstkontrolle sind in den letzten Jahren immer handlicher, schneller und auch komfortabler geworden.
Bitte beachten Sie aber, dass der Blutzuckerwert immer eine Momentaufnahme darstellt und durch viele Faktoren, nicht nur durch die Nahrungsaufnahme, sondern auch Stress, Trauer und Krankheit, beeinflusst werden kann. Daher kann auch der Blutzuckerwert im Labor vom selbst gemessenen Blutzuckerwert abweichen.
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Linktipps
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