Biopharmazeutika – biotechnologisch hergestellte Arzneimittel

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Biopharmazeutika

Bei Biopharmazeutika (auch Biopharmaka, Biologika) handelt es sich um biotechnologisch hergestellte Arzneistoffe und Medikamente. Die Bezeichnung “Biologische Arzneimittel” weckt bei Laien oftmals falsche Vorstellungen, es handelt sich dabei nämlich nicht um pflanzliche Arzneimittel (Phytotherapeutika) oder naturheilkundliche Medikamente. Vielmehr erfolgt die Herstellung mit Hilfe von tierischen oder pflanzlichen Organismen unter sehr hohem technischen Aufwand und unter Einsatz aufwendiger Entwicklungssmethoden der Molekularbiologie. Ein boomender Geschäftsbereich der Pharmaindustrie ist es allemal.


Der Umsatz mit biotechnologisch hergestellten Medikamenten ist in den letzten zehn Jahren weltweit etwa doppelt so stark gewachsen wie mit nicht-biologischen Arzneimitteln. Bei den derzeit im Markt verfügbaren Biopharmazeutika liegt der Schwerpunkt zwar noch auf der Behandlung von Krebs- und Autoimmunerkrankungen, jedoch erfolgt auch sukzessive eine Ausdehnung auf weitere Indikationen. Dadurch mehren sich die Therapiechancen für bislang nicht zufriedenstellend behandelbare, schwere Erkrankungen.

Mit dem Markteintritt von Biosimilars wird zudem ein breiterer Zugang zu biologischen Therapieoptionen für mehr Patienten ermöglicht. Darüber hinaus befinden sich auch neuartige therapeutische Technologien und Darreichungsformen in den Forschungspipelines, was Hoffnungen auf weitere Therapiefortschritte nährt.

Biopharmazeutika boomen

Im Gegensatz zu den klassischen chemischen Wirkstoffen handelt es sich bei biopharmazeutischen Wirkstoffen um komplexe, hochmolekulare Proteine. Biopharmazeutisch hergestellte Arzneimittel wurden seit ihrer Einführung in den 80er Jahren kontinuierlich weiterentwickelt. Auf erste rekombinante Präparate folgten komplexere monoklonale Antikörper und in Zukunft ist mit neuartigen Technologien zu rechnen, die zu einer Änderung der Behandlungsparadigmen führen könnten.

Biopharmazeutika haben die moderne Medizin revolutioniert; sie ermöglichen die Behandlung komplexer Erkrankungen wie Krebs oder Autoimmunerkrankungen. Sie sind heute aus der Praxis nicht mehr wegzudenken und stellen in vielen Therapiefeldern auch die einzige therapeutische Option dar.

Doch die Behandlung mit Biopharmazeutika ist teuer: Die geschätzten Behandlungskosten pro Tag sind im Schnitt um das 22-fache höher als die Therapie mit herkömmlichen niedermolekularen Wirkstoffen. Deshalb rücken Biosimilars (Nachahmerpräparate) in den Fokus. Mit Ablauf des Patentschutzes und Verlust der Exklusivitätsrechte für ein Original-Medikament können andere Hersteller ein Nachahmerprodukt auf den Markt bringen.

Biosimilars sind biologische Arzneimittel, die einem biologisch hergestellten Originalprodukt ähnlich aber nicht gleich sind. Anders als bei chemisch-synthetisch hergestellten Wirkstoffen, ist es nämlich wegen der Komplexität u. Heterogenität der Proteine und des Herstellungsprozesses nicht möglich, identische Kopien von biologischen Arzneimitteln herzustellen. Deshalb sind Biosimilars auch keine Generika.

Die ersten Biosimilars, also Nachbauten, wurden Mitte der 2000er Jahre eingeführt. Der technische Fortschritt drückt sich in Umsatzsteigerung aus. Daher zeigt sich die Marktentwicklung der letzten Jahre bis heute sehr dynamisch und der Blick auf die Forschungspipeline lässt eine ebensolche Entwicklung für die Zukunft erwarten wie Analysen von QuintilesIMS nahelegen.

Biopharmazeutika stellen eines der am schnellsten wachsenden Segmente des Pharmamarktes dar: Heute sind in Europa ca. 135 Biopharmazeutika zugelassen, etwa 300 weitere werden derzeit in klinischen Studien untersucht. Der globale Biologikamarkt erreichte im Jahr 2016 einen Gesamtumsatz von 246 Mrd. US Dollar.

Biologische Arzneimittel: Mehr Therapiechancen für Patienten

Derzeit werden Biopharmazeutika im Schwerpunkt noch bei Krebs-, Autoimmun- und Stoffwechselerkrankungen eingesetzt, wozu auch seltene Erkrankungen gehören. Aufgrund der Spezifität der Therapeutika sind diese oftmals nur für kleinere Patientenpopulationen indiziert. Die gut gefüllte Forschungspipeline zeigt eine Erweiterung hin zu Erkrankungen, die bislang vor allem mit nicht-biologischen Arzneimitteln behandelt wurden. Darunter finden sich auch hoch prävalente Therapiegebiete wie zum Beispiel Asthma oder Allergien. Die Entwicklung biopharmazeutischer Medikamente zielt hier auf die Therapie schwerer Fälle ab.

Der zukünftige Markteintritt entsprechender Präparate bedeutet eine Anwendung auch in der Primärversorgung, die bislang durch den Einsatz vor allem niedermolekularer Substanzen charakterisiert ist. Die Versorgung der betroffenen Patienten steht dann der Behandlung mit bewährten Therapeutika, vielfach generischer Herkunft, gegenüber. Ihr Einsatz wird sich am Therapieerfolg, aber auch an den Behandlungskosten bemessen.

Erweiterter Marktzugang durch Biosimilars

Bei allem Therapiefortschritt, den Biologika mit sich brachten, betrachten Kostenträger die Entwicklung mit Blick auf die Finanzierbarkeit als Herausforderung. Deshalb wird „Biosimilars“ eine bedeutsame Rolle zugeschrieben. Durch ihre Markteinführung entstehen Einsparungen und es wird ein breiterer Zugang zu Biologika ermöglicht. Dies auch vor dem Hintergrund, dass in diesem und in den nächsten Jahren die Patente umsatzstarker Originalpräparate auslaufen.

Biosimilars dürfen nicht auf nationaler ebene zugelassen werden sondern müssen stets auf europäischer Ebene zugelassen werden. Dafür hat die europäische Arzneimittelbehörde EMA (European Medicines Agency) ein spezielles Zulassungsverfahren entwickelt, das aufwändiger als das Zulassungsverfahren für Generika ist.

Allein in Deutschland verlieren in den nächsten fünf Jahren biologische Originalpräparate im Wert von 2,8 Mrd. Euro ihren Patentschutz. Bei den schon am Markt befindlichen Biosimilars fielen die Preisreduktionen je nach Substanz und Land unterschiedlich aus, was u.a. mit der Angebotsbreite zusammenhing. In den „TOP 5“-Ländern Europas (Deutschland, Frankreich, Italien, Spanien, Großbritannien) sanken die Preise bspw. für das Blutersatzprodukt Epoietin um zwischen 13 und 55 %, für das Wachstumshormon G-CSF zwischen 4 und 27 %.

Biosimilars sind sie für die Arzneimittelversorgung ebenso bedeutsam wie klassische Generika seit ihrer Markteinführung vor rund 30 Jahren. Sie stellen eine erschwingliche Alternative zu ihren Referenzprodukten dar und ermöglichen einer größeren Anzahl an Patienten einen besseren Zugang zu diesen Arzneimitteln.

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Quellen:

¹ Biologische Arzneimittel: Mehr Therapiechancen für Patienten (QuintilesIMS)
² Biosimilars sind keine Bio-Generika
³ Wissenswertes über Biosimilars (Biosimilarsverband Österreich)

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