Hyposensibilisierung im Kampf gegen Allergien

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Hyposensibilisierung im Kampf gegen Allergien

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Niesen, Husten, tränende Augen und Juckreiz, Allergien sind unangenehm und viele Betroffene zittern der Allergiesaison entgegen. Doch die Hyposensibilisierung kann Abhilfe schaffen. Der Wirkmechanismus ist ähnlich dem einer Impfung.


Bei der auch als spezifische Immuntherapie (SIT) bekannten Behandlung, werden dem Körper Extrakte mit winzigen Dosen des jeweiligen Allergens zugeführt. So soll das körpereigene Immunsystem trainiert werden, anders auf die Substanzen zu reagieren.

Der Ansatz ist in etwa so, als würde man gegen die Allergie „geimpft“, wobei die Allergenextrakte mittlerweile nicht nur gespritzt, sondern auch als Tablette oder in Form von Tropfen eingenommen werden können.

Auch wenn die bis zu drei jährige Behandlung mit unzähligen Injektionen (oder täglichen Tabletteneinnahme) nicht immer angenehm ist, so zahlt sie sich in den meisten Fällen aus. Dies auch und vor allem bei den überaus bedrohlichen Allergien gegen Insektengift.

Hyposensibilisierung: das Wirkprinzip der spezifischen Immuntherapie bei Allergien

Hyposensibilisierung oder auch spezifische Immuntherapie ist eine Therapieform gegen Allergien, die diese ursprünglich und dauerhaft bekämpfen soll.

Allergiker sollen durch kontrollierten und wiederkehrenden Kontakt mit dem Allergen, also der allergieauslösenden Substanz, die Überempfindlichkeit gegen den Wirkstoff verlieren. Das bedeutet der Körper vergisst die aufgebauten Schutzmechanismen gegen bestimmte Substanzen.

Laut Prof. Waltraud Emminger, Ärztliche Leiterin des Allergiezentrums Rennweg, liegt die Ursache für Allergien darin, dass “das Immunsystem in den ersten Lebensjahren lernt, eine Toleranz, beispielsweise gegenüber Nahrungsmitteln, zu entwickeln.

Bei Allergikern funktioniert diese Toleranzentwicklung nicht ausreichend. Sie reagieren auf Substanzen, die dem Immunsystem überhaupt nicht schaden würden und wehren sie ab. Die Immuntherapie versucht, diese Toleranzentwicklung nachzuholen.”

Die Wirkungsweise kann man sich ähnlich der der Grippeimpfung vorstellen. Durch Spritzen der Allergieauslöser verändert sich die Reaktion des Immunsystems, das bedeutet im Laufe der Zeit reagiert es nicht mehr auf die Allergene.

Nicht jede Allergie kann mit der Immuntherapie bekämpft werden. Besonders eignet sich die Behandlung für Pollenallergien, Überempfindlichkeit gegen Insektenstiche und Hausstaubmilbenallergie.

Lebensretter bei Insektengiftallergien?

Speziell bei Allergien gegen Bienen- oder Wespengift kann eine spezifische Immuntherapie lebensrettend sein. Denn diese Überempfindlichkeiten können sogar tödlich enden. Im Fall der Insektengiftallergie gibt es die Möglichkeit der Schnellhyposensibilisierung.

Sie erfordert einen Aufenthalt im Krankenhaus, denn es werden in diesem Zeitraum mehrmals täglich Injektionen verabreicht. Im Test sind bereits Impfstoffe gegen Schimmelpilze, eine wirksame Behandlung gibt es bis dato noch nicht. Für jede Allergie gilt, je kürzer die Allergie besteht, desto größer ist die Wahrscheinlichkeit auf dauerhaften Erfolg der Behandlung.

“Aus einer harmlosen Pollenallergie, die am Anfang Beschwerden an Augen und Nase verursacht, entwickelt sich bei vielen Patienten häufig leider auch allergisches Asthma. Es kommt zu einer Verstärkung der Symptome und die Therapie, die anfangs gut hilft, wirkt nicht mehr ausreichend.

Die Allergie sucht sich andere Bahnen, wie eben die Lunge und es kommt zu chronischen Atembeschwerden. Eines muss man auch wissen: Ist die Lunge einmal betroffen, kommt es zu irreversiblen Umbauvorgängen in den Atemwegen, zum so genannten Remodelling, das auch mit der besten Therapie nicht mehr umkehrbar ist.” erklärt Prof. Dr. Emminger die Problematik das Zuwartens auf die Behandlung.

Um die Behandlung durchführen zu können, muss der Allergieauslöser eindeutig identifiziert sein. Zudem muss man den Allergenen auch aus dem Weg gehen können. Neben der Injektionstherapie gibt es auch die sublinguale Hyposensibilisierung. Das bedeutet, dass die Allergene als Tabletten oder Tropfen verabreicht werden.

Seit 2009 ist in Österreich die Behandlung mit der sogenannten “Gräsertablette” möglich. Sie bringt vor allem für den Patienten große Vorteile, weiß Prof. Dr. Emminger.

“Die Gräsertablette enthält Gräserpollen in einer viel höheren Konzentration. Die Behandlungsergebnisse sind deshalb gleichzusetzen mit denen der subkutanen Immuntherapie. Außerdem ist die Tablette praktisch: Die Tropfen waren üblicherweise zu kühlen bzw. vor allzu großer Hitze zu schützen. Die Tablette muss nicht gekühlt werden (was besonders im Urlaub komfortabel ist). Man kann sie in der Brief- oder Handtasche mit sich tragen bzw. zuhause einnehmen.”, so die Ärztliche Leiterin des Alleriezentrums Rennweg zu den Vorteilen der Gräsertablette.

Langwierig aber effektiv

Die Behandlung erfolgt in vielen Fällen aber auch per Injektion. Für beide Behandlungsformen gilt, die Menge der Allergene wird in den ersten Monaten immer wieder angepasst. Begonnen wird mit minimalen Dosen, die Verabreichung erfolgt wöchentlich und jedes Mal wird die Dosis erhöht.

Durch die geringe Anfangsdosis wird diese zu Beginn der Behandlung wöchentlich verdoppelt, später wird sie nur mehr in kleinen Schritten gesteigert. Nach dieser Zeit spricht man von der Toleranz, diese Dosis wird dann monatlich geimpft.

Die Behandlung ist langwierig und dauert bis zu drei Jahre, manchmal sogar noch länger. Während der Spitzenzeit der Allergie zu impfen, also zum Beispiel bei Pollenallergie in der Blütezeit, hätte nur wenig Sinn. Geht man regelmäßig zur Impfung so ist die Erfolgsquote bei über 90 Prozent.

Auch bei Mehrfachallergien können sich die Erfolge mit 70 bis 80 Prozent sehen lassen. Strikt unterlassen sollte der Patient am Tag der Behandlung Extremsport Sauna und Konsum von Alkohol. Lässt man öfters eine Injektion aus oder hält man sich nicht an die Vorgaben, so sinkt die Wahrscheinlichkeit des Erfolges.

Die Beschwerden lassen nach Beendigung der Behandlung deutlich nach oder verschwinden zur Gänze. Bei anhaltender Allergien treten oft weitere Allergien auf. Durch eine erfolgreiche Behandlung kann auch diese Erweiterung des Allergiespektrums eingedämmt werden.

Kaum unerwünschte Nebenwirkungen

Wie fast jede medizinische Behandlung kommt es bei der Immuntherapie auch zu unterwünschten Nebenwirkungen. Entzündungen der Haut an der Einstichstelle und damit verbunden Schwellungen oder Juckreiz, Ermüdung, asthmatische Anfälle oder auch ein anaphylaktischer Schock können Folgebeschwerden der Behandlung sein.

Aufgrund der möglichen Nebenwirkungen bleibt der Patient normalerweise noch für 30 Minuten unter Beobachtungen im Allergieambulatorium. Treten hier Nebenwirkungen auf kann sich der Beobachtungszeitraum verlängern, damit der Arzt im Komplikationsfall der Arzt sofort eingreifen und dem Patienten helfen kann.

[ameis]

Quellen:

¹ Allergieambulatorium Rennweg
² Die spezifische Immuntherapie (Hypo-sensibilisierung) bei IgE-vermittelten allergischen Erkrankungen (Leitlinie)
Verfasst: 06/2010; Update 02/2022

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