Schlaganfall: wie Stroke Units Überlebenschancen erhöhen

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Schlaganfall: präzise Diagnose in Stroke Units

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Jährlich erleiden rund 20.000 Menschen in Österreich einen Schlaganfall. Mehr als jeder dritte Betroffene stirbt daran. Spezialisierte Facheinrichtungen, sogenannte Stroke Units können die Überlebens- und Genesungschancen dramatisch erhöhen.


In Österreich gibt es inzwischen über 70 dieser modernen Versorgungszentren für Schlaganfallpatienten.

Stroke Units – Artikelübersicht:

Der Begriff Stroke Unit beschreibt zunächst Spezialstationen in Krankenhäusern, die auf die Behandlung von Schlaganfallpatienten spezialisiert sind.

Was sind Stroke Units?

Diese Spezial-Einrichtungen, eben sogenannte Stroke Units, verbessern die Überlebenschancen nach einem Schlaganfall erheblich. Diese modernen Versorgungszentren für Schlaganfallpatienten garantieren nämlich eine optimale Erstversorgung von Betroffenen und halten damit den Schaden gering.

Die Aufgabe von Stroke Units ist es, eine schnelle und qualitativ hochwertige medizinische Versorgung von Schlaganfallpatienten sicherzustellen und dadurch die Sterblichkeit und die Schwere der Behinderungen nach einem Schlaganfall zu verringern.

Zu den Aufgaben von Stroke Units gehören unter anderem:

  • Die schnelle und präzise Diagnose von Schlaganfällen
  • Die Einleitung von Therapiemaßnahmen wie der Lyse-Therapie oder der Thrombektomie
  • Die Überwachung von Vitalparametern wie Blutdruck und Herzfrequenz
  • Die Durchführung von diagnostischen Maßnahmen wie der Computertomographie oder Magnetresonanztomographie
  • Die Rehabilitationsmaßnahmen zur Förderung der Wiedererlangung von verloren gegangenen Fähigkeiten.

Wer nach einem akuten Schlaganfall in ein solches Spezial-Behandlungszentrum eingeliefert wird, besitzt nachweislich bessere Heilungschancen.

Das hat auch eine groß angelegte Studie in Mailand bestätigt, die in der neuesten Ausgabe der britischen Medizin-Fachzeitschrift “The Lancet” am 27. Jänner 2007 veröffentlicht wurde.

Laut dem Bericht des Österreichischen Schlaganfall-Registers gab es im Jahr 2021 insgesamt 71 Stroke Units in Österreich.

Davon waren 47 Stroke Units in Akutkrankenhäusern und 24 Stroke Units in Rehabilitationszentren oder -kliniken untergebracht.

Diese Einheiten verteilen sich auf alle Bundesländer in Österreich und stellen eine flächendeckende Versorgung von Schlaganfallpatienten sicher.

Um Patienten optimal zu versorgen, haben sich bereits die meisten Stroke Units, Rettungsdienste, Akutabteilungen, Rehabilitationseinrichtungen und Kostenträger zu Netzwerken zusammengeschlossen.

Stroke Units: Welche Anforderungen Schlaganfall Einheiten erfüllen müssen

Um als Stroke Unit anerkannt zu werden, müssen bestimmte Anforderungen erfüllt werden.

In Österreich muss, laut Auskunft der Österreichischen Gesellschaft für Schlaganfallforschung, eine Schlaganfalleinheit folgende Voraussetzungen erfüllen:

  • Eine 24-Stunden-Verfügbarkeit von spezialisiertem Personal wie Neurologen, Internisten, Pflegekräften und Physiotherapeuten.
  • Computertomographie, Ultraschalluntersuchung und Labor müssen ebenfalls rund um die Uhr verfügbar sein.
  • Bestimmte Untersuchungen wie z.B. Angiographie oder MR-Angiographie müssen jederzeit möglich sein.
  • Die Vorhaltung spezieller Ausstattung wie der Möglichkeit zur Durchführung von Lyse-Therapien und der Verfügbarkeit von speziellen Betten zur Lagerung von Schlaganfallpatienten.
  • Physiotherapeuten, Logopäden und Ergotherapeuten müssen in ausreichendem Maße für die Frührehabilitation zur Verfügung stehen.
  • Die regelmäßige Durchführung von Schulungen und Fortbildungen für das Personal.

Akute Therapiemaßnahmen: Lyse-Therapie und Thrombektomie

Die Lyse-Therapie und die Thrombektomie sind zwei wichtige Therapiemaßnahmen bei einem akuten Schlaganfall, die darauf abzielen, den Blutfluss im Gehirn wiederherzustellen und das abgestorbene Hirngewebe zu minimieren.

Die Lyse-Therapie ist eine medikamentöse Behandlung, bei der ein Medikament (meistens Alteplase) direkt in die Blutbahn des Patienten injiziert wird. Das Medikament löst Blutgerinnsel auf und stellt so den Blutfluss im Gehirn wieder her. Die Lyse-Therapie ist jedoch nur innerhalb eines bestimmten Zeitfensters nach dem Schlaganfall wirksam und birgt auch ein gewisses Risiko von Blutungen.

Die Thrombektomie ist ein invasiver Eingriff, bei dem ein Katheter durch die Leiste oder den Arm des Patienten in die betroffene Hirnarterie eingeführt wird. Der Katheter wird dann bis zum Blutgerinnsel vorgeschoben und entfernt das Gerinnsel mithilfe von speziellen Werkzeugen.

Die Thrombektomie wird in der Regel bei größeren Blutgerinnseln eingesetzt und hat eine höhere Erfolgsrate als die Lyse-Therapie, allerdings ist auch dieser Eingriff nicht ganz ohne Risiken.

Beide Verfahren sollten nur in spezialisierten Stroke Units von erfahrenen Neurologen und Neurochirurgen durchgeführt werden. Eine schnelle Diagnose und Behandlung sind bei einem Schlaganfall von entscheidender Bedeutung, um das Risiko von Hirnschäden und dauerhaften Behinderungen zu minimieren.

Nach Beendigung der Akutbehandlung, entweder auf der Schlaganfalleinheit oder auf der allgemeinen Bettenstation, was insgesamt schon nach wenigen Tagen der Fall sein kann, soll die dort begonnene frühe Rehabilitation in eine reguläre längerdauernde Rehabilitationsbehandlung einmünden.

Seit 2003 werden an einer wachsenden Zahl Österreichischer Stroke Units schlaganfallrelevante Daten in einem überregionalen Register dokumentiert. Das Register wird vom Österreichischen Bundesinstitut für Gesundheitswesen betreut und wurde gemeinsam mit der Österreichischen Gesellschaft für Schlaganfallforschung ins Leben gerufen.

Schlaganfall-Symptome erkennen lernen – jede Minute zählt

Ein Schlaganfall ist eine plötzliche Schädigung des Gehirns mit daraus resultierenden neurologischen Ausfallserscheinungen gekennzeichnet. Das kann vom einfachen – im Volksmund als “Schlagerl” bezeichneten – Vorfall, bis hin zum massiven Schlaganfall mit Todesfolge reichen. In der Todesursachen-Statistik liegt die Erkrankung hinter den Herz-Kreislauf-Erkrankungen an dritter Stelle.

Da gerade bei einem Schlaganfall die ersten Stunden nach dem Ereignis besonders wichtig für einen raschen und positiven Verlauf der Genesung sind, ist es wichtig, dass auch Laien die Symptome erkennen lernen um sofort handeln zu können.

  • Plötzliche Schwäche oder Lähmung einer Körperseite, meist Arm und Bein, oft auch Gesicht
  • Plötzliche Gefühlsstörung einer Körperhälfte, meist Arm und Bein, oft auch Gesicht
  • Unverständliche Sprache, gestörtes Sprachverständnis
  • Halbseitige Störung des Gesichtsfeldes
  • Halbseitige Störung der Wahrnehmung
  • Ungerichteter Schwindel mit zusätzlichen Krankheitszeichen

Etwa 80 bis 85 Prozent aller Schlaganfälle sind ischämische Hirninfarkte, die durch die Verstopfung arterieller Gefäße im Gehirn verursacht werden. Mittels Thrombolyse, ein Therapieverfahren, das ein Blutgerinnsel auflöst, kann ein verstopftes Blutgefäß wieder durchgängig gemacht und der Ausfall von bedrohtem Gehirngewebe verhindert werden.

Die Wirksamkeit der Thrombolyse ist derzeit allerdings nur gegeben, wenn spätestens drei Stunden nach einem Schlaganfall mit der Behandlung begonnen wird. Auch wenn Studien über das Thrombolytikum Desmoteplase bereits zeigen, dass auch neun Stunden nach dem Auftreten der ersten Symptome damit noch hervorragende Ergebnisse zu erzielen sind, ist eine rasche und zielgerichtete Erstversorgung entscheidend.

Schlaganfall: Was kann man als Laie tun?

1. Sofort den Notarzt rufen oder einen Notruf veranlassen!
2. Fenster öffnen, beengende Kleidungsstücke lockern!
3. Betroffenen mit dem Oberkörper 30 Grad hochlagern. Bei Übelkeit oder Erbrechen in Seitenlage bringen!
4. Vorhandene Zahnprothesen entfernen!
5. Puls- und Herzschlag kontrollieren!
6. Atemwege freihalten!
7. Für Ruhe des Betroffenen sorgen!

Achtung: Ignorieren sie keinesfalls kurzzeitig auftretende Symptome, wie halbseitige Schwächen, Gefühlsstörungen, Seh- oder Sparchstörungen.

Die so genannte transistorisch ischämische Attacke – im Volksmund “Schlagerl” – ist ganz besonders tückisch, da die Symtome hier von kurzer Dauer sind und sich fast immer innerhalb von 10 Minuten vollständig zurückziehen. Die Gefahr bei Nichtbeachtung besteht darin, dass etwa 50 Prozent der Betroffenen innerhalb der darauffolgenden 48 Stunden einen richtigen Schlaganfall erleiden.

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Quellen:

¹ Stroke-unit care for patients with acute stroke (Sacco S. et al. in The Lancet Correspondence| Volume 369, ISSUE 9569, P1255, April 14, 2007) DOI:https://doi.org/10.1016/S0140-6736(07)60585-6
² A review of mobile stroke units (Harris J. in J Neurol. 2021 Sep;268(9):3180-3184.) doi: 10.1007/s00415-020-09910-4.) DOI: https://doi.org/10.1007/s00415-020-09910-4

[Verfasst 02/2007, Update: 04/2023]

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Linktipps

– Schlaganfall erkennen und richtig reagieren
– Schlaganfallprävention – die wichtigsten Vorsorgetipps
– Erste Hilfe bei Schlaganfall: jede Minute zählt!
– Neurologie was ist das?
– Medizinlexikon: Computertomografie
– Geriatrie: Herausforderung Altenpflege
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