Spermaallergie – seltene Allergie gegenüber Spermaflüssigkeit
Sie ist zwar selten, aber es gibt sie: die Sperma-Allergie. Bei der Spermaallergie löst ein Prostata-spezifisches Antigen die Symptome bei der Frau aus. Die Allergie ist dabei nicht an einen bestimmten Partner gebunden: Frauen mit Spermaallergie reagieren auf das Protein im männlichen Sperma grundsätzlich allergisch.
Wie bereits berichtet, ist die Sperma-Allergie eine ernstzunehmende Erkrankung, die bei Frauen meist zwischen zwanzig und dreißig Jahren auftritt. Allergisch reagiert die Frau allerdings nicht auf die Spermazellen, sondern auf ein Protein, das sich in der Spermaflüssigkeit aller Männer befindet. Die Reaktionen reichen von Brennen, Jucken, Schwellungen über Hautausschläge, Durchfall, Erbrechen bis hin zum anaphylaktischen Schock, der sogar tödlich enden kann.
Anmerkung: Die Spermaallergie betrifft vorrangig, aber nicht ausschließlich Frauen – auch Männer können eine Allergie auf ihr eigenes Sperma entwickeln. Mediziner nennen dieses Krankheitsbild „Postorgansmic Illness Syndrome“, kurz: POIS. Das mysteriöse Syndrom wurde zum ersten Mal im Jahr 2002 beschrieben, Betroffene berichten von Fieber, extremer Müdigkeit und brennende Augen. Die Symptome treten einige Minuten nach der Ejakulation auf und können bis zu einer Woche andauern.
Ursachenforschung
Wie kaum bei einer anderen diagnostischen Abklärung steht bei der vermuteten Spermaallergie bei der Frau die sorgfältigste Anamnese im Vordergrund. Nur sie kann Hinweise auf Sensibilisierungen durch andere, nicht im Seminalplasma vorkommende Allergene (z.B. Latex im Kondom, vaginale Kontrazeptiva, Lubrikanzien, Lokalanästhetika in manchen Kondomen) sicher ausschließen.
Um eine Spermaallergie genau zu diagnostizieren, müssen beide Partner medizinisch untersucht werden, denn nicht jede unregelmäßige Körperreaktion muss gleich eine Sperma-Allergie sein. Bei der Spermaallergie dürfte ein Prostata-spezifisches Antigen (PSA) die Symptome bei Frauen auslösen.
Dass das PSA tatsächlich etwas mit der allergischen Reaktion nach dem Geschlechtsverkehr zu tun hat, wurde auch durch folgende Beobachtung gestützt: Bei homosexuellen Männern ist bisher keine Sperma-Allergie beschrieben worden – das Immunsystem toleriert ja PSA bei Männern. Immunogen ist offenbar hauptsächlich das PSA-Hauptantigen. Die Sensibilisierung ist speziesspezifisch, d. h., zur Prophylaxe den Geschlechtspartner zu wechseln, bringt nichts.
Seit 2005 kennt man die genauen Ursachen der Allergie: Als auslösendes Allergen wurde eine Substanz namens Kallikrein aus dem Seminalplasma identifiziert. Es handelt sich dabei um einen Bestandteil des PSA, ein Enzym, das die Aminosäure Serin in seinem aktiven Zentrum enthält und Proteine zu spalten vermag. Beim Samenerguss des Mannes hat es normalerweise die Funktion das Ejakulat flüssiger zu machen.
Symptome
Juckreiz, Brennen, Erytheme und Ödeme im Vulvabereich oder an anderen Kontaktstellen des Sperma können sofort oder auch mit kurzer zeitlicher Verzögerung (30 min) einsetzen. Generalisierte systemische Reaktionen äußern sich etwa als Schluckstörungen, gastrointestinale Symptome mit Erbrechen oder Diarrhoe oder als anaphylaktischer Schock. Auch Uteruskontraktionen in den folgenden 24 Stunden werden von den Patientinnen genannt.
Die Frauen sensibilisieren sich möglicherweise bereits beim Petting. Gelangt Sperma auf die Haut der Frauen, kann es zu ersten leichten Rötungen sowie leichtem Juckreiz kommen, ohne dass die Frauen dies bewußt wahrnehmen. Auffällig ist bei einer Spermaallergie der hohe Anteil an Frauen, welche die Symptome gegen Sperma bereits nach dem ersten intravaginalen Geschlechtsverkehr bemerken.
Diagnose
Offiziell wurden weltweit erst wenige Fälle publiziert, allerdings dürfte die Dunkelziffer der Betroffenen vermutlich viel höher sein, zum einen deshalb, da viele Betroffene aus falscher Scham und Unglauben dieser Allergieform ärztliche Konsultationen meiden, zum anderen, da nur die wenigsten Ärzte diese Allergie tatsächlich kennen.
Um sicherzugehen wird ein so genannter Scratchtest bei der Frau durchgeführt. Dazu wird vorher im Labor das Sperma des Partners aufbereitet. Die Spermaflüssigkeit wird dabei von den Samenzellen getrennt, denn bei einer richtigen Spermaallergie sind es eben nicht die Spermien selbst, auf die eine Frau reagiert, sondern eines der vielen Proteine, das sich in der Spermaflüssigkeit befindet. Die Testflüssigkeit wird nun in verschiedenen Verdünnungen auf die Haut gebracht. Sollte der Test positiv sein, beginnt sich die Haut zu röten, danach bilden sich die typischen Quaddeln an der Oberfläche.
Vorbeugung und Therapie
Die einzige Prophylaxe ist, Kondome zu verwenden, wobei zuvor eine Latexallergie auszuschließen ist. Schließlich können Frauen intrakutan oder intravaginal hyposensibilisiert werden, etwa mit unfraktioniertem Ejakulat oder mit PSA-Fraktionen. Bei der Hyposensibilisierung, wird das Allergen schrittweise in immer höheren Dosen verabreicht, um so den Körper langsam daran zu gewöhnen.
Wenn alles nichts hilft, muss allerdings medikamentös vorgegangen werden. Man kann Antihistaminika verschreiben, wie man sie aus der Heuschnupfen- oder aus der allergischen Asthmatherapie kennt. An der Klinik in München plant man die intravaginale Hyposensibilisierung mit einem Extrakt aus gefiltertem Seminalplasma.
Richtig kompliziert wird es für die Spermaallergikerin beim Wunsch nach eigenen Kindern, denn dann muss das Sperma des Partners erst gewaschen werden. Im Labor wird das Ejakulat aufbereitet. In der Zentrifuge trennen sich die Spermazellen von der Spermaflüssigkeit – die Zellen sind schwerer und setzen sich daher unten ab. Mit einer Nährlösung werden die Spermazellen zehn Minuten in den Brutschrank bei 37 Grad Körpertemperatur gestellt. Danach haben sich die besonders aktiven Spermien oben abgesetzt.
Dannach gibt es zwei Möglichkeiten Sperma und Ei zusammenzubringen. Bei der künstlichen Befruchtung wird das Sperma direkt in die Gebärmutter eingebracht. Der Kontakt mit der Spermaflüssigkeit ist so ausgeschlossen.
Die andere Möglichkeit ist die in vitro-Methode, bei der das Kind in der Retorte gezeugt wird, das Sperma also direkt in die Eizelle gespritzt wird. Nach den ersten Zellteilungen wird der Fötus dann in den Mutterleib eingepflanzt. Die so entstehenden Schwangerschaften verlaufen dann in der Regel problemlos.
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Linktipps
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– Corona-Impfung: Kein Einfluss auf Spermien
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– Allergietest: Chip hilft bei Diagnose von Allergien
– POIS: Allergie gegen das eigene Sperma