So bleibt der Beckenboden fit
Als Beckenbodenmuskulatur wird die Skelettmuskulatur im Bereich der Beckenhöhle beim Menschen bezeichnet. Man kann sie weder sehen noch wirklich ertasten, dennoch erfüllt sie wichtige Aufgaben.
Einerseits verschließt der sogenannte Beckenboden das Becken nach unten, stützt die inneren Organe und ermöglicht so unsere aufrechte Haltung. Andererseits sorgt er dafür, dass die Schließmuskeln von Blase und Darm funktionieren und trägt zu einer lustvollen Sexualität bei.
Beckenboden fit halten – Artikelübersicht:
- Überblick: Funktion und Aufbau des Beckenbodens
- Das passiert bei einer Beckenbodenschwäche
- Konventionelles Beckenbodentraining
- Beckenbodentrainer: Nur therapiebegleitend sinnvoll
- Linktipps
Wer schwere Gewichte stemmen möchte, trainiert die Arme. Wer schnell laufen oder hoch springen möchte, trainiert seine Beine. Wer eine definierte Taille oder ein Sixpack möchte, trainiert den Bauch. Die offensichtlichen Muskelgruppen sind uns allen geläufig. Aber was ist mit den unsichtbaren Muskeln – denen, die gut versteckt im Inneren des Beckens liegen? Auf sie wollen wir einmal einen genaueren Blick werfen, denn diese Muskelgruppe ist ein bedeutender Teil des menschlichen Stützapparates und damit viel wichtiger als ein definiertes Sixpack oder Popeye-Arme.
Überblick: Funktion und Aufbau des Beckenbodens
Der Beckenboden besteht aus drei Muskelschichten, die sich zwischen den Beckenknochen aufspannen. Ihre Hauptaufgabe ist es, das gesamte Gewicht der darüber liegenden Organe zu tragen und den Bauchraum nach unten hin abzuschließen. Ziemlich wichtig also!
Des Weiteren unterstützt der Beckenboden die Bauch- und Rückenmuskulatur und trägt so dazu bei, dass wir Menschen überhaupt aufrecht stehen können. Und er unterstützt die Schließmuskulatur von Harnröhre und Enddarm und gewährleistet damit, dass unsere Ausscheidungen nur dann abgehen, wenn wir es möchten. Zu guter Letzt intensiviert ein starker Beckenboden auch das sexuelle Empfinden – sicher kein schlechter Nebeneffekt.
Zu den wichtigsten Funktionen des Beckenbodens zählen:
– sich anzuspannen,
– sich zu entspannen und
– bei Druckerhöhungen im Bauchraum, wie z. B. beim Niesen, einen Gegendruck aufzubauen
Daraus leiten sich die Aufgaben ab:
– Anspannung und Entspannung garantieren die Funktionsweise der Schließmuskeln von Blase und Darm
– Beitrag zu einer lustvollen Sexualität, durch Entspannung beim Geschlechtsverkehr (bei der Frau), bzw. bei der Erektion (beim Mann).
Zwar erfüllt die Beckenbodenmuskulatur ihre Aufgaben automatisch, also ohne dass man sich dessen bewusst ist, allerdings kann man seine Muskeln auch bewusst anspannen und wieder loslassen. Das bedeutet: Der Beckenboden lässt sich trainieren.¹
Das passiert bei einer Beckenbodenschwäche
Ist der Beckenboden geschwächt, kann das zu verschiedenen Problemen führen. So kann das Gewicht der Organe nicht mehr ausreichend gehalten werden und es kommt zur Absenkung. Eine Beckenbodensenkung kann zu Beschwerden wie Rücken- und Unterleibsschmerzen, Haltungsproblemen, Schmerzen beim Sex, Erektionsproblemen, Inkontinenz und chronischer Verstopfung führen.
Je nach Schweregrad der Beckenbodenschwäche können die Symptome schwächer oder stärker sein. Bei einer ausgeprägten Beckenbodensenkung hilft oft nur noch eine Operation. Hauptsächlich betroffen sind Frauen, die ein oder mehrere Kinder geboren haben. Weitere Risikofaktoren sind Übergewicht, eine angeborene Bindegewebsschwäche und das Alter.
Männer sind deutlich seltener betroffen als Frauen. Hier spielen vor allem das Alter und Spätfolgen einer Prostata-Operation als Ursachen eine Rolle. In der Regel aber – und das ist die gute Nachricht – kann der Beckenboden mithilfe von gezielten sportlichen Übungen effektiv gekräftigt werden.
Konventionelles Beckenbodentraining
Wer einmal Yoga oder Pilates gemacht hat, kennt den Beckenboden bereits. Hier heißt er zum Beispiel „Körpermitte“ oder „Powerhouse“ und ist zentrales Element bei beinahe jeder Übung. Aus diesem Grund sind die beiden Sportarten auch ideal zur Stärkung der Muskelgruppe geeignet.
Wichtig ist es, ein kontinuierliches Training einzuhalten. Das muss gar nicht jeden Tag eine lange Yogasession sein, es reichen auch einzelne Übungen, die sich hier und da in den Alltag integrieren lassen. Jemand, der sich sehr gut mit Beckenbodenschwäche und der damit oftmals einhergehenden Blasenschwäche auskennt, sind die Inkontinenzexperten von TENA. In deren Online-Ratgeber finden sich einige praktische Übungen zur Stärkung des Beckenbodens, die sich ganz diskret überall durchführen lassen.²
Beckenbodentrainer: Nur therapiebegleitend sinnvoll
Wer kein großer Freund von sportlicher Betätigung ist, verspricht sich von einem Beckenbodentrainer schnelle Hilfe ohne Anstrengung. Aber bringen die kleinen Helferlein wirklich einen nachweisbaren und vor allem nachhaltigen Effekt? Die Antwort ist: jein.
Ist der Beckenboden in einem prinzipiell guten Zustand und schwächelt er nur bei stärkerer Belastung, können die Trainingshilfen eine gute Unterstützung sein. Wer aber unter einer ausgeprägten Beckenbodenschwäche leidet, sollte den Fokus immer auf das konventionelle Training legen. Dennoch sollen hier einige Beckenbodentrainer vorgestellt werden, vor allem, weil sie auch präventiv eingesetzt werden können.
Im Prinzip gibt es vier Typen von Beckenbodentrainern:
1. Einfache Gewichte, die mit Bio-Feedback funktionieren
2. Trainingsgeräte für die äußere Gesäßmuskulatur
3. Geräte mit Elektrostimulation
4. High-Tech-Beckenbodentrainer mit App
Die einfachsten Trainingshilfen bestehen aus einem kegelförmigen, konischen oder runden Gewicht, das in die Scheide eingeführt wird und dort gehalten werden muss. Die Beckenbodenmuskulatur spannt sich dabei teils bewusst, teils reflexartig an. Auch die sogenannten Liebeskugeln funktionieren nach diesem Prinzip, mit einem zusätzlichen Effekt: Im Inneren der Kugel befindet sich eine weitere Kugel, die durch Bewegung zum Schwingen gebracht wird. Die Schwingung überträgt sich auf die Muskeln, was den Trainingseffekt verstärkt.
Mit den sogenannten Hüfttrainingsclips wird die äußere Muskulatur von Oberschenkeln und Gesäß trainiert. Der Clip wird am Übergang zum Gesäß zwischen den Oberschenkeln positioniert und muss nun durch Anspannung der Muskeln zusammengedrückt werden. Dabei wird auch die innenliegende Beckenbodenmuskulatur angesprochen. Das Training mit den günstigen Clips ist durchaus effektiv und sorgt gleichzeitig für ein straffes Gesäß. Das funktioniert auch bei Männern.
Etwas gewöhnungsbedürftig ist das Training per Elektrotherapie. Hier wird eine Elektrode in die Scheide oder den After eingeführt, wo sie elektrische Impulse abgibt. Diese stimulieren die Muskulatur, indem sie sie zur Kontraktion zwingen. Die Elektrotherapie wird bei weiblichen und männlichen Inkontinenzpatienten schon lange erfolgreich eingesetzt.
Wer ein Faible für technische Gadgets hat, findet heutzutage verschiedene High-Tech-Beckenbodentrainer im Handel. Die meisten funktionieren in Kombination mit einer App, die auf dem Smartphone installiert wird. So können verschiedene Programme ausgewählt und der Trainingsstand überwacht werden. Es gibt sogar Modelle, mit denen über die Muskelkontraktion Videospiele gesteuert werden können. So wird das Training zum spaßigen Zeitvertreib.
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Quellen:
¹ Welche Aufgaben erfüllt der Beckenboden? (familienplanung.de)
² Praktische Übungen zur Stärkung des Beckenbodens (tena.at)
Fotohinweis: sofern nicht extra anders angegeben, Fotocredit by Fotolia.com (bzw. Adobe Stock)
Linktipps
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