Jede zweite Schülerin experimentiert mit Diät
Schlank, schlanker, am schlanksten. Die Hälfte der Teenagerinnen hat fast krankhafte Angst, zu dick zu werden, meint die Gesundheitsbeautragte der Stadt Wien, Beate Wimmer-Puchinger. An 60 Wiener Schulen in den neunten Klassen hat sie in Zusammenarbeit mit dem Wiener Stadtschulrat eine Fragebogenaktion durchgeführt.
Bereits jede zweite 15-jährige Schülerin habe mit Diäten experimentiert. Die Befragung war Bestandteil des seit einem Jahr laufenden Frauengesundheitsprogrammes zum Thema Esstörungen.
Fazit für den damaligen Gesundheitsstadtrat Sepp Rieder (SP): Die Aktion müsse ausgebaut werden. 2000, vielleicht sogar 3000 Wiener Mädchen zwischen zwölf und 18 Jahren dürften nämlich an Magersucht, Bulimie oder anderen Ess-Störungen leiden. “Wir prüfen, ob es Sinn macht, eine eigene Ambulanz einzurichten”, erklärt Rieder. Vorstellbar ist eine Tagesklinik für Ess-Störungen an der Semmelweis-Klinik. Im Rahmen des Frauengesundheitsprogrammes wurde auch eine Gratis-Telefon-Hotline ([TEL] 0800-20 11 20) eingerichtet. Wimmer-Puchinger: “Wir haben zehn bis 15 Anrufe pro Tag.” Für mehr als die Hälfte der Anruferinnen war der Telefonkontakt der erste “Strohhalm” in der Not. Je länger die Krankheit dauert, “desto geringer sind die Heilungschancen”, diagnostiziert die Medizinerin. Im Durchschnitt bekommen die Patientinnen erst nach sieben Jahren Hilfe.
Häufige Diäten schaden dem Essverhalten
Das gilt in ähnlicher Weise auch für Heranwachsende. Laut einer Studie der Harvard-Universität mit 16.000 Kindern im Alter von neun bis 14 Jahren stellte sich heraus: Jene 29,5 Prozent der Mädchen und 6,7 Prozent der Jungen, die innerhalb von zwei Jahren ihr Übergewicht mehrfach mithilfe von Diäten bekämpften, neigten öfter zu Heißhunger-Attacken als ihre Altersgenossen – und legten deutlich mehr an Gewicht zu. Häufige Diäten können außerdem zu einer zwanghaften Fixierung auf das eigene Gewicht und ein gesellschaftlich geprägtes Körperideal führen, dem der Einzelne nur selten entsprechen kann.
Die Gruppe essgestörter Kinder könnte durch die mancherorts geschürte Hysterie um die dicker werdende Jugend sogar noch größer werden, fürchten Ernährungsexperten. Doch die dicker werdende Jugend gibt es gar nicht, betont der Mediziner Hans-Georg Joost, Leiter des Deutschen Instituts für Ernährungsforschung in Potsdam-Rehbrücke. Das Übergewicht im Kindes- und Jugendalter sei vor allem das Problem einzelner Bevölkerungsschichten: “Besonders betroffen sind Kinder von Eltern mit niedrigem Bildungsstand und niedrigem Einkommen.”
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