Radioaktive Strahlung – Auswirkungen auf die Gesundheit

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Radioaktive Strahlung und die Auswirkungen auf die Gesundheit

Man sieht sie nicht, man spürt sie nicht und man kann sie weder riechen noch schmecken, dennoch kann radioaktive Strahlung eine erhebliche Gefahr für den menschlichen Organismus darstellen. Nach den verheerenden Reaktorunfällen in Japan ist das Interesse am Thema Atomenergie weltweit sprunghaft angestiegen. Vor allem die möglichen gesundheitlichen Auswirkungen erhöhter Strahlung nach einem nuklearen Zwischenfall interessieren die Bürger. Welche Auswirkungen haben radioaktive Strahlen auf den Körper, welche Dosis verursacht gesundheitliche Schäden, ab welchem Wert ist sie tödlich?


Zuerst eine kurze Begriffserklärung: Radioaktivität bezeichnet die Eigenschaft bestimmter, instabiler Atomkerne (Radionuklide), sich unter Abgabe von Energie spontan umzuwandeln. Die dabei frei werdende Energie wird zumeist als ionisierende Strahlung in Form von energiereichen Teilchen (positiv geladene Ione) und/oder sogenannter Gammastrahlung, abgegeben.

Radioaktive Strahlung ist in Form von Gammastrahlung als terrestrische Strahlung auf der Erde allgegenwärtig, allerdings nur in sehr geringen Dosen und für den Menschen in der Regel völlig ungefährlich.

Für die Gewinnung von Kernenergie in Kernkraftwerken allerdings wird hohe Radioaktivität erforderlich. Um dies zu erreichen, wird in einem Reaktor ein Neutron (neutrales Kernteilchen) auf einen Atomkern (zumeist von Uran, Plutonium oder Thorium) geschossen, welches den Kern in zwei Teile spaltet. Durch die so ausgelöste Kernspaltung wird Wärmeenergie frei, die dann in elektrische Energie umgewandelt werden kann.

Bei der Spaltung werden spontan zwei bis drei Neutronen freigesetzt, die weitere Kernspaltungen bewirken und zu einer Kettenreaktion führen, die man sich bei der Energiegewinnung in Atomkraftwerken zunutze macht. Dabei entsteht jedoch radioaktive, ionisierende Strahlung sowie radioaktive Spaltprodukte.

Von der “sauberen Energiegewinnung” zur nuklearen Bedrohung

Bei einem nuklearen Störfall, wie jenem in Japan, können Radionuklide wie zum Beispiel Cäsium (Cs), Strontium (Sr) und Iod (J), aber auch Plutonium (Pu) in großen Mengen in die Umgebung freigesetzt werden und zu dramatischen Gesundheitsschäden bei Menschen führen.

Die Radioaktivität nimmt dabei nur sehr langsam ab. Der in diesem Zusammenhang häufig verwendete Begriff Halbwertszeit bezeichnet die Dauer des Zerfalls radioaktiver Stoffe, also genau jene Zeit, in der die Menge eines radioaktiven Stoffes auf die Hälfte gesunken ist.

  • Jod 131 (als radioaktives Spaltprodukt von Jod, Halbwertszeit: 8 Tage) wird über die Luft verteilt und über kontaminierte Nahrungsmittel aufgenommen. Es lagert sich vor allem in der Schilddrüse ab und kann Schilddrüsenkrebs verusachen.
  • Strontium (SR 90, Halbwertszeit: 28 Jahre) wird vor allem im Knochengewebe aufgenommen und kann Knochentumore und Leukämie auslösen.
  • Caesium 137 (Halbwertszeit: 30 Jahre) wiederum wird vor allem in Körperzellen aufgenommen, beeinträchtigt Muskel- und Nervenzellen und kann das Erbgut (DNA) schädigen.
  • Plutonium Pu-239 (Halbwertszeit: 24.110 Jahre) gelangt hauptsächlich über die Atemwege in die Lungen, wird aber auch in Leber und Nieren eingelagert und zeichnet vor allem für ein stark erhöhtes Lungenkrebsrisiko verantwortlich.

Hohe Dosen ionisierender Strahlen zerstören Zellbausteine und bringen Körperzellen zum Absterben. Die sogenannte Strahlenkrankheit ist die Folge eines solchen massiven Zellsterbens und äußert sich beim Patienten durch juckende Hautrötungen mit Blasenbildung, Übelkeit, Erbrechen, Schwindel, Kopfschmerzen, Haarausfall, stark erhöhtes Infektionsrisiko und verstärkte Blutungen.

Schon niedrige Dosen können – je nach Dauer und Art des Kontaktes – die DNA schädigen und so langfristig das Risiko für Krebs drastisch erhöhen.

Das gesundheitliche Risiko hängt neben Dauer und Dosis auch von der Art der Exposition (des Kontaktes) ab, dabei wird zwischen Kontamination (Verunreinigung des menschlichen Körpers durch Strahlen etwa über die Luft) und Inkorporation (Aufnahme der radioaktiven Substanzen durch den Magen-Darm-Trakt, etwa über die Nahrung) unterschieden.

Die äußerliche Verunreinigung mittels radioaktiver Strahlen kann durch sogenannte Dekontamination vergleichsweise rasch und einfach beseitigt werden: mittels Wasser, Seife und Bürste lassen sich radioaktive Substanzen leicht von der Körperoberfläche wegschrubben. Im Ernstfall wird dies in großem Umfang von Spezialeinheiten des Bundesheeres, des Zivilschutzes und der Feuerwehr für besonders gefährdete Personengruppen (etwa Hilfskräfte) durchgeführt.

Eine Aufnahme radioaktiver Stoffe über die Atmung bzw. Nahrung kann in akut betroffenem Gebiet nur bedingt verhindert werden, weshalb ab Überschreitung eines gewissen Grenzwertes als letzte Maßnahme die Evakuierung besonders exponierter Gebiete angeordnet wird.

Grenzwerte, Mengeneinheiten – Wieviel Strahlung ist gefährlich?

Die Strahlenbelastung biologischer Organismen wird in Sievert (Sv) gemessen, wobei gilt: 1 Sievert sind 1.000 Millisievert (mSv). Mit dieser Einheit wird nicht nur die Energie der Strahlung berücksichtigt, sondern auch deren biologische Wirksamkeit. Starre Grenzwerte lassen sich hinsichtlich der Gesundheitsgefährdung allerdings nicht festlegen, da zu viele individuelle Faktoren Einfluss auf etwaige Schädigungen haben. Folgende Angaben können daher nur als Richtwerte gesehen werden:

  • Die natürliche Exposition von Strahlen beträgt in Österreich pro Jahr durch natürliche (uranhaltiger Boden), medizinische (Röntgen) und kosmische Strahlung (Flugreisen) zwischen 2 und 5 Tausendstel Sievert (2 – 5 mSv).
  • Bei Überschreiten einer bestimmten Dosis-Schwelle entstehen vorhersehbare Strahlenschäden, es wird daher von deterministischen Schäden gesprochen. Bei geringer Strahleneinwirkung (unter 0,5 Sv, also 500 mSv) können zwar keine direkten Effekte gemessen werden, es können jedoch Schädigungen des Erbguts (DNA) entstehen, die langfristig eventuell Krebserkrankungen verursachen. Der bisher höchste bekannte Wert aus dem Reaktor Fukushima liegt bei 400 mSv.
  • Zur leichten Strahlenkrankheit kommt es laut deutschem Bundesamt für Strahlenschutz (BFS) ab einer Dosis in Höhe von etwa 500 Millisievert für Erwachsene. Bei Kindern zeigen sich die Symptome bereits bedeutend früher, nämlich ab etwa 250 mSv.
  • Ab einer Schwellendosis von 1 bis 1,5 Sievert im gesamten Körper tritt die akute Strahlenerkrankung mit Blutbildveränderungen auf, weiße und rote Blutkörperchen sterben ab, die Anfälligkeit für Infektionen steigt stark an, zudem kommt es bereits zu Schädigungen des Knochenmarks.
  • Ab 3 Sievert spricht man von einer schweren Strahlenerkrankung mit 50 % Todesfällen nach 30 Tagen. 7 bis 8 Sievert gelten als tödliche Dosis für Erwachsene mit 100 % Todesfällen nach 14 Tagen.

Zum Vergleich: Nach der Katastrophe in Tschernobyl lag die Belastung im Reaktor bei 10 bis 100 Sievert pro Stunde. Die Strahlendosis, die man nach dem Reaktorunfall in Tschernobyl in den meisten Ortschaften der Umgebung rekonstruiert hat, lag bei hundert Millisievert. Im Raum Tokio wurden letzte Woche Werte um 0,8 Mikrosievert pro Stunde gemessen – das ist zwar für die Region etwa 24 Mal so hoch wie vor der Katastrophe, würde sich aber selbst bei gleichbleibenden Strahlenmengen über ein Jahr auf “nur” rund sieben Millisievert addieren und bliebe damit deutlich unter den hundert Millisievert vom Großraum Tschernobyl nach dem Unglück.

Ganz anders verhält es sich allerdings für die unmittelbar beim Reaktor verbliebenen Techniker und Hilfskräfte. Diese sind Strahlendosen von 400 Millisievert und mehr pro Stunde ausgesetzt, was fast der tausendfachen Menge der üblichen Exposition eines ganzen Jahres entspricht. Unter diesen Bedingungen können sie sich sogar in den speziellen Strahlenschutzanzügen nur wenige Stunden aufhalten, ohne ernsthaften Schaden zu nehmen.

Auf der Webseite targetmap.com finden Sie eine aktuelle Karte der Strahlenbelastung von Japan, die sehr übersichtlich und rasch Auskunft über die Detailwerte der Belastung der einzelnen Landkreise (Präfekturen) gibt.
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Quellen:

– ÖRK – www.roteskreuz.at
– Global 2000 – www.global2000.at

Fotohinweis: sofern nicht extra anders angegeben, Fotocredit by Fotolia.com (bzw. Adobe Stock)

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Linktipps

– Österreichisches Strahlenfrühwarnsystem
– Radioaktivität – Krankheit und Tod auf Raten

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