Geschmackssinn – schmecken mit Mund, Nase, Augen & Ohren

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Geschmackssinn

Auch wenn es seltsam klingt, nicht nur die Zunge, auch Augen, Nase und Ohren sind wesentlich daran beteiligt, wenn uns etwas schmeckt. Im Vergleich zu den anderen Sinnesorganen ist der Geschmackssinn des Menschen ziemlich schwach ausgebildet, denn während wir an die 10.000 verschiedene Gerüche wahrnehmen können, ist es uns lediglich möglich, fünf Geschmacksrichtungen zu unterscheiden. Im Zusammenspiel mit anderen Sinnesorganen trägt der Geschmackssinn dennoch in erstaunlichem Umfang zu Genuss und Lebensqualität bei.


Süß, sauer, salzig, bitter und umami (japanisch für „fleischig“) – diese fünf Geschmacksqualitäten werden im Mund von speziellen Sinneszellen erkannt. Die so genannten Papillen befinden sich vor allem an der Zungenspitze, den Zungenrändern und dem Zungenrücken, während die Zungenmitte ziemlich geschmacksunempfindlich ist.

Die Papillen sind Träger der Geschmacksknospen und kommen außer im Mund auch noch in der oberen Speiseröhre, am Gaumensegel und im Nasenrachen vor. Jede Papille weist mehrere tausend Geschmacksknospen auf, die – im Zusammenspiel mit dem Geruchsinn – ein eindeutiges Geschmacksergebnis liefern.

Gustatorische Wahrnehmung

Die gustatorische Wahrnehmung, wie der Geschmackssinn auch bezeichnet wird, erfüllt mehrere Aufgaben. Als wichtigste gilt die Kontrolle der aufgenommenen Nahrung hinsichtlich ihrer Brauchbarkeit – also ob diese genießbar, verdorben oder giftig ist. Beim Erkennen nichtbrauchbarer bzw. verdorbener Nahrung wird sofort eine geeignete Abwehrmaßnahme in Form des Brechreflexes eingeleitet, um den Körper vor Schaden zu bewahren.

Eine weitere wichtige Aufgabe des Geschmackssinns ist die reflektorische Absonderung von Verdauungssäften beim Erkennen der Genießbarkeit eines Nahrungsmittels.

Geschmackszonen, Zunge

Bisher ging man davon aus, dass die Zunge in Geschmackszonen unterteilt wäre – demnach wäre jede Zone nur für jeweils einen Geschmack zuständig:

bitter – Zungengrund
sauer – seitlich hinten
salzig – seitlich vorne
umami – Zungenmitte
süß – Zungenspitze

Neuere Erkenntnisse folgen allerdings der Annahme, dass überall, wo Schmeckzellen sind, auch alle Geschmacksqualitäten empfunden werden können.

Fest steht hingegen, dass im Alter die Geschmacksknopsen auf der Zunge allmählich verloren gehen. Ab dem 80. Lebensjahr sind nur mehr etwa ein Drittel der Papillen funktionstüchtig und etwa 80 Prozent dieser Bevölkerungsgruppe leidet an Störungen des Geruchs- und Geschmackssinns. Viele ältere Menschen würzen daher ihr Essen zu stark oder bevorzugen geschmacksintensivere Süßspeisen.

Geschmackstoffe

Welche Geschmacksrichtung identifiziert und an das Gehirn weitergeleitet wird, entscheiden die jeweiligen Inhaltsstoffe der Nahrung.

Eine süße Geschmacksempfindung wird vor allem durch Zucker, Zuckerderivate und einige Aminosäuren (Süßstoffe) hervorgerufen. Salziger Geschmack wird durch Speisesalz und einige andere Mineralsalze ausgelöst. Sauer hingegen schmecken Nahrungsmittel, die saure Lösungen bzw. organische Säuren enthalten. Bitterer Geschmack wird allerdings nicht durch einen einzigen Inhaltsstoff, sondern durch eine Vielzahl unterschiedlicher Stoffe hervorgerufen. Umami letztlich wird durch Glutaminsäure und Asparaginsäure ausgelöst. Die Bezeichnung umami beschreibt eine würzige, fleischige Geschmacksnote und tritt vor allem bei eiweißreichen Nahrungsmitteln auf. Sie gilt als die jüngste bisher identifizierte Geschmacksqualität.

Ein häufiger Irrtum soll an dieser Stelle auch aufgeklärt werden: „scharf“ wird vom Menschen zwar als Geschmacksempfindung qualifiziert, gilt aber medizinisch nicht als solche. Denn genau genommen handelt es sich dabei um ein Schmerzsignal der Nerven, das beim Genuss bestimmter Speisen (Chilis, Pfeffer, Kren, Senf usw.) ausgesendet wird – die Geschmackspapillen sind bei der Empfindung von „scharf“ allerdings nicht beteiligt. Durch die vermehrte Durchblutung beim Genuss scharfer Speisen kann es aber zu verstärkter Wahrnehmung der Grundgeschmacksrichtungen kommen.

Geschmack: beinahe alle Sinne beteiligt, wenn uns etwas schmeckt

Ohne Geruchssinn wäre das Geschmackserlebnis äußerst eingeschränkt, denn Speisen schmecken anders, wenn der Geruchssinn nicht beteiligt ist. Jeder kennt das Gefühl, wenn – etwa hervorgerufen durch eine Erkältung – das Essen plötzlich fade schmeckt, weil der Geruchssinn beeinträchtigt ist. Geschmacks- und Geruchssinn müssen also zusammenwirken, damit ein harmonischer Gesamteindruck erscheint.

Während die Geschmacksknospen für die Grobeinteilung zwischen süß, sauer, salzig, bitter und umami zuständig sind, sorgen die Geruchszellen für die feinen Nuancen.

Auf die Zunge allein ist also beim Zustandekommen eines Geschmackseindruckes kein Verlass, und selbst Augen und Ohren beeinflussen unser Geschmackserlebnis.

Untersuchungen haben ergeben, dass wir gelbe, orangefarbene und vor allem rote Lebensmittel generell für süßer halten als andersfarbige. Geschmackssinn und optische Wahrnehmung gehen scheinbar bei der Bewertung eines Geschmackserlebnisses Hand in Hand und fußen dabei offensichtlich auf Erfahrungen.

Belegt wird dies durch eine Studie französischer Wissenschafter der Universität Bordeaux: Sie setzten Önologiestudenten jeweils ein Glas Weißwein und ein Glas Rotwein vor. Was die Probanden nicht wussten, beim vermeintlichen Rotwein handelte es sich um denselben Weißwein, der allerdings mit geruchs- und geschmacksloser roter Lebensmittelfarbe gefärbt wurde. Das Ergebnis: keinem der angehenden Experten fiel auf, dass der aufgetischte rote Wein kein echter Rotwein war.

Noch überraschender sind die Ergebnisse des deutschen Akustikers und Sounddesigners Friedrich Blutner, der aufzeigte, dass auch Geräusche das Geschmackserlebnis maßgeblich beeinflussen können: Untersucht wurde, ob das Knacken beim Zerbeißen eines Würstchens einen Einfluss auf den Geschmack hat. Zu diesem Zweck wurde das gleiche Wurstbrät in unterschiedliche Kunst- und Naturdärme gefüllt und einer Runde von Testessern serviert.

Diese wussten natürlich nicht, dass alle Füllungen vollkommen gleich waren, und so überraschte das Ergebnis auch die Tester einigermaßen: Während bei den „Wurst-Beißern“ jene Würste am besten bewertet wurden, die am lautesten „knackten“, kam es bei der Bewertung der „Wurst-Schneider“ zu keinen eindeutigen Ergebnissen. Bei der erstgenannten Gruppe machte also das Geräusch beim Zerbeißen der Wurst bis zu 70 Prozent des Gesamteinflusses aus.

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