Probiotika für Stressabbau: können Präparate Stressfolgen lindern?

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Können Probiotika-Präparate Stressfolgen lindern?

Fotocredit: A_Bruno | Fotolia

Probiotika spalten das gesundheitsinteressierte Publikum ebenso wie medizinische Fachkreise. Einige Wirkungen der heilsamen Mikroorganismen konnten allerdings bereits wissenschaftlich nachgewiesen werden.


Probiotika für Stressabbau – Artikelübersicht:

Was versteht man unter Psychobiotika?

Unter dem Begriff “Psychobiotika” versteht man probiotische Mikroorganismen oder Probiotika, die möglicherweise positive Auswirkungen auf die psychische Gesundheit und das neurologische Wohlbefinden haben könnten. Der Begriff setzt sich aus “Psycho-” (bezogen auf psychische Gesundheit) und “Biotika” (bezogen auf lebende Mikroorganismen) zusammen.

Die Idee hinter Psychobiotika beruht auf der wachsenden Erkenntnis über die Verbindung zwischen dem Darm und dem Gehirn, die als Darm-Hirn-Achse bekannt ist.

Diese Kommunikation zwischen dem Magen-Darm-System und dem Gehirn erfolgt über verschiedene Mechanismen, einschließlich neuronaler, hormoneller und immunologischer Signale.

Forschungsergebnisse legen nahe, dass eine gesunde Darmflora oder Mikrobiota dazu beitragen könnte, psychische Gesundheitszustände wie Angst, Depression, Stress und Stimmungsschwankungen zu beeinflussen.

Psychobiotika werden oft in Zusammenhang mit probiotischen Bakterienstämmen erwähnt, die das Potenzial haben könnten, die Darm-Hirn-Achse zu beeinflussen und somit indirekt die psychische Gesundheit zu unterstützen.

Diese Stämme könnten beispielsweise durch die Produktion von Neurotransmittern, Entzündungsreaktionen oder die Regulierung der Darmpermeabilität Einfluss auf das Gehirn nehmen.

Probiotische Forschung

Die probiotische Forschung beschäftigt sich mit Mikroorganismen, insbesondere Bakterienstämmen, die einen positiven Einfluss auf die Gesundheit des Wirtsorganismus haben können, insbesondere auf den menschlichen Körper.

Diese Mikroorganismen, die als Probiotika bezeichnet werden, sind in der Regel lebende Bakterien oder Hefen, die in ausreichender Menge eingenommen werden, um einen gesundheitlichen Nutzen zu bieten.

In den letzten Jahren hat die Forschung auch untersucht, wie Probiotika die psychische Gesundheit beeinflussen könnten. Diese Verbindung zwischen Darmgesundheit und psychischem Wohlbefinden wird oft als “Darm-Hirn-Achse” bezeichnet. Es wird vermutet, dass die Kommunikation zwischen dem Darm und dem Gehirn über verschiedene Mechanismen, wie das Nervensystem, das Immunsystem und biochemische Signalwege, stattfindet.

Kurze Stressphasen, abgelöst von Phasen der Entspannung, können auf den Körper durchaus positive Wirkung, eine Art „Trainingseffekt“, ausüben. Nicht so, wenn der Stresszustand über längere Zeit anhält und so zum negativen Stress – Dysstress genannt – mutiert.

Die Folge solcher Phasen: Erschöpfung, Reizbarkeit, Schlafstörungen, im schlimmsten Fall ein Burn-Out-Syndrom.

Der Ansatz der probiotischen Forschung beruht auf der Annahme, es bestehe eine „bidirektionale“ Beziehung zwischen dem Gehirn und dem Verdauungsapparat, also eine gegenseitige Beeinflussung. Diesem Gedanken folgend sei es möglich, über den Darm zur Verbesserung von Problemen psychischer Natur in schwierigen Situationen beizutragen.

Der aktuelle Wissensstand in Bezug auf die Wirkung von Probiotika auf die psychische Gesundheit ist jedoch noch recht komplex und in vielen Aspekten nicht abschließend geklärt. Einige vielversprechende Ergebnisse deuten darauf hin, dass Probiotika möglicherweise eine Rolle bei der Regulation der Stimmung, der Stressreaktion und anderer psychologischer Aspekte spielen könnten.

Einige Studien haben gezeigt, dass die Einnahme bestimmter Probiotika mit einer Verbesserung der Symptome von Angst, Depression und sogar Autismus-Spektrum-Störungen in Verbindung gebracht werden könnte.

Wissenschaftliche Evidenz: können Probiotika für Stressabbau helfen?

Es gibt jedoch einige Studien, die darauf hindeuten, dass Probiotika positive Auswirkungen auf die psychische Gesundheit haben könnten, einschließlich der Verringerung von Stresssymptomen.

Hier sind einige der laut Studienergebnissen am besten geeigneten Probiotika für den Stressabbau:

    Lactobacillus plantarum: Eine Studie hat gezeigt, dass probiotisches L. plantarum nicht nur Stress und Angst lindert, sondern auch das Gedächtnis bei gestressten Erwachsenen verbessert. [Mind-altering microorganisms: the impact of the gut microbiota on brain and behaviour by J. Cryan et al. in Nature Reviews Neuroscience volume 13, pages 701–712 (2012)]
    Bifidobacterium longum: Ein Review hat gezeigt, dass das Probiotikum vom Typ Bifidobacterium longum (B. longum 1714TM) die Stressreaktionen reduzieren kann. [Psychobiotika in der Behandlung von Depressionen: ein neuer Blick auf die psychische Gesundheit – eine systematische Überprüfung der Suche. COELHO, Taiane. KERPEL, Raquel. in Revista Científica Multidisciplinar Núcleo do Conhecimento. Jahr. 07, Hrsg. 05, Bd. 01, p. 125-152. Mai 2022] DOI: 10.32749/nucleodoconhecimento.com.br/ernahrung/psychobiotika
    Lactobacillus helveticus und Bifidobacterium longum: Eine doppelblinde, placebokontrollierte und randomisierte Studie hat gezeigt, dass die Kombination dieser beiden Probiotika bei Stresssymptomen helfen kann. [Bermúdez-Humarán LG, Salinas E, Ortiz GG, Ramirez-Jirano LJ, Morales JA, Bitzer-Quintero OK. From Probiotics to Psychobiotics: Live Beneficial Bacteria Which Act on the Brain-Gut Axis. Nutrients. 2019 Apr 20;11(4):890.] doi: 10.3390/nu11040890
    Probiotikum mit 9 vermehrungsfähigen Bakterienstämmen: Ein Probiotikum mit 9 aktiven und vermehrungsfähigen probiotischen Bakterienstämmen kann auch helfen, Stress abzubauen.

  • [Psychobiotic supplementation of HK-PS23 improves anxiety in highly stressed clinical nurses: a double-blind randomized placebo-controlled study by Shu_I Wu et al. in Food and function Issue 17, 2022] DOI: 10.1039/D2FO01156E

An dieser Stelle sei jedoch explizit darauf hingewiesen, dass weitere Forschung erforderlich ist, um diese Zusammenhänge zu bestätigen und um genaue Empfehlungen abzugeben.

Die Evidenzlage zur Wirksamkeit von Probiotika ist in einigen anderen Bereichen wesentlich besser. Es gibt bestimmte Krankheitsbilder und Gesundheitszustände, bei denen Probiotika eine nachgewiesene oder vielversprechende Wirkung zu haben scheinen.

Hier einige Beispiele:

– Gastrointestinale Gesundheit (zur Behandlung, Linderung oder Vorbeugung akuter Durchfallerkrankunge, etwa Reizdarmsyndrom, Durchfall einschließlich Antibiotika-assoziiertem Durchfall und entzündliche Darmerkrankungen)
– Immungesundheit (Stärkung des Immunsystems z.B. nachweislich zur Reduktion von Infektionen der oberen Atemwege)
– Vaginale Gesundheit (Vaginalpilze vorbeugen oder behandeln, Harnwegsinfekte vorbeugen, vaginalen Mikroflora im Gleichgewicht halten)
– Allergierisiko reduzieren (es gibt Hinweise darauf, dass Probiotika das Risiko von Allergien, insbesondere bei Kindern reduzieren können)
– Entzündliche Hauterkrankungen (einige Studien deuten darauf hin, dass Probiotika bei der Behandlung von Hautproblemen wie atopischen Ekzemen und und entzündlichen Hauterkrankungen wie Neurodermitis eine gewisse Wirksamkeit haben können)

Aber auch in diesen Fällen ist es wichtig zu beachten, dass die Wirksamkeit von Probiotika stark von Faktoren wie dem spezifischen Probiotikumstamm, der Dosierung, der Dauer der Einnahme und den individuellen Unterschieden abhängen kann.

Produkt aus Österreich soll Stressfolgen abfedern

Als Probiotikum (gr. pro bios = „für das Leben“) wird eine Zubereitung lebender Mikroorganismen (v. a. Milchsäurebakterien und Hefen) bezeichnet, welcher ein positiver Einfluss auf die Darmflora und damit eine allgemein gesundheitsfördernde Wirkung zugesprochen wird.

Probiotika sind natürlicherweise in verschiedenen Lebensmitteln enthalten oder werden als Zugabe in Lebensmitteln (als Nahrungsergänzungsmittel oder diätetische Lebensmittel) oder in Form von Arzneimitteln verabreicht.

Zu den probiotischen Lebensmitteln zählen beispielsweise: Naturjoghurt, Kefir, Käse, Sauermilchprodukte aber auch fermentiertes Gemüse und Apfelessig.

In probiotischen Präparaten werden oft verschiedene Stämme von Laktobazillus-Mikroorganismen zugesetzt, um die gesundheitsfördernden Wirkungen zu unterstützen. Die Auswahl der Stämme kann je nach dem beabsichtigten Nutzen und der Anwendung variieren.

Hier sind einige der Laktobazillus-Stämme, die häufig in probiotischen Präparaten zugesetzt werden:

Lactobacillus acidophilus
Lactobacillus rhamnosus
Lactobacillus casei
Lactobacillus bulgaricus
Lactobacillus plantarum

Zudem werden noch Bifidusbakterien (z.B. Bifidus animalis, Bifidus lactis etc.) und Hefen (etwa Saccaromyces boulardii) zugesetzt.

„Wir befinden uns mittlerweile in der x-ten Generation der probiotischen Forschung“, so Anita Frauwallner, Leiterin und Mastermind des Instituts Allergosan.

Die bisherigen Erkenntnisse machten es möglich, Wirkstoffe ganz gezielt für spezielle Befindlichkeitssituationen zu designen.

Das Unternehmen hat mit OmniBiotic Stress Repair 2011 ein neues Produkt auf den Markt gebracht und ist mittlerweile die Top-Marke nach Umsatz und Absatz in Österreich. (Quelle: IQVIA Pharmatrend – Verkäufe der öffentlichen österreichischen Apotheken – MAT 2020/01, OTC Klassen 03D5 Antidiarrh. microorganism et al.)

Das Motto lautet: Die beste Therapie gegen Stress bietet ein funktionierender Darm. Die Wirkstoffkombination des Präparats soll dafür sorgen, dass entzündungsfördernde Stoffe in ihrer Wirksamkeit behindert werden und die Vermehrung „schlechter“ Darmbakterien eingebremst wird.

Grundlage dafür ist die Wiederherstellung der Darmmukosa (Darmschleimhaut) samt der darunter befindlichen „Tight junctions“ – Membranen, die den Körper vor Krankheitserregern schützen.

Mit der regelmäßigen Einnahme von OmniBiotic Stress Repair, so das Unternehmen, ließen sich die wesentlichen Stressfolgen wie Konzentrationsverlust oder Schlafstörungen nachhaltig verbessern. Weiters wirkt das Produkt laut Hersteller den bei 85 % der Stressgeplagten vorzufindenden Verdauungsstörungen direkt entgegen.

Der Markt für deratige Produkte ist jedenfalls riesig: der Gesamtmarkt probiotischer Präparate umfasste 2021 in Österreich laut dem Gesundheitsinformationstechnologieunternehmen und Datenanalysten IQVIA mehr als 44 Mio. Euro Umsatz (AVP), der auf einen Verkauf von knapp 2,5 Mio. Packungen entfiel.

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Quellen:

¹ Faktenchecks zum Schlagwort: Probiotika (Ein Projekt von Cochrane Österreich an der Universität für Weiterbildung Krems)
² Die Auswirkungen von Probiotika auf die mentale Gesundheit bei gesunden Erwachsenen : Ergebnisse einer randomisiert-kontrollierten, doppelverblindeten Studie (Köcher J.N.; Universität Hamburg; 2020)
³ Presseaussendung Institut AllergoSan

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Linktipps

– Fünf Hausmittel für den Aufbau der Darmflora
– Stress und Ernährung – Anleitung zum Herzinfarkt
– Functional Food – was ist das eigentlich?
– Brauchen wir Nahrungsergänzungsmittel?
– Darmsanierung & Aufbau der Darmflora
– Gesunder Darm durch Probiotika?

[Verfasst 04/2011, Update: 08/2023]

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