Musik als Medizin?

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Musik als Medizin

Musik kann unser Gemüt entspannen oder es erregen. Sie kann uns aktiv und glücklich machen oder aber auch ruhig und traurig. Nicht nur unser Geist profitiert von den vielfältigen Wirkungen der Musik, sondern auch unser Körper. Musik als Medizin ist eine eigenständige Heilmethode. Die sogenannte Musiktherapie wird – in Abgrenzung zu pharmakologischer und physikalischer Therapie – als psychotherapeutischer Ansatz definiert. Ihre Einsatzbereiche sind weit vielfältiger als landläufig angenommen.


Obwohl die Musiktherapie ihrem Wesen nach den psychotherapeutischen Verfahren zuzurechnen ist, beschränkt sich ihr einsatz keineswegs auf die Behandlung psychischer Störungen und Erkrankungen. Neben dem Einsatz im psychiatrischen und psychosomatischen Zusammenhang, wird Musik als Therapeutikum auch in der Rehabilitation – vor allem bei neurologischen Erkrankungen wie Multiple Sklerose, Morbus Parkinson und bei Schalganfall- und Wachkomapatienten – angewendet.

Musik als Therapieform

Unter Musiktherapie versteht man eine nichtmedikamentöse Behandlung von Krankheiten oder Schmerzen mithilfe von Musik oder musikalischen Elementen. Das Ziel ist es, die Patienten durch Musik zu entspannen oder aber zur Aktivität anzuregen. Musik wirkt auf unser emotionales Empfinden ein, sie verändert unsere Stimmung je nachdem, ob wir laute, aufbrausende Klänge oder ruhige, leise Töne hören. Beim Hören von Musik wird das Glückshormon Serotonin vermehrt gebildet; die Ausschüttung des Stresshormons Kortisol wird hingegen reduziert.

Dadurch kommt es nicht nur zu Veränderungen unserer Stimmungslage sondern auch zu Veränderungen der Muskelaktivität, der Atmung, des Herzrhythmus, und der Hauttemperatur.

Musik und unserer Stimmung

Tatsächlich kann Musik Stimmungen beeinflussen, Ängste und Sorgen der Patienten reduzieren und somit auch erheblich zur Regeneration beitragen. Meist kooperieren Patienten bei einer Therapie mit ihren Ärzten besser, wenn Musik zusammen mit medikamentöser Behandlung eingesetzt wird.

Musik und unsere Einstellung zu Krankheit

Musik beeinflusst auch unsere Einstellung zu Krankheiten. Werden Ängste oder depressive Verstimmungen durch Musik vermindert, fühlen sich Patienten ihren Symptomen nicht mehr hilflos ausgeliefert. Sie gewinnen das Gefühl, auch selbst – zumindest ein bisschen – ihre Stimmung steuern zu können. Sie erfahren, dass sie aktiv etwas dagegen tun können, indem sie sich mit Musik entspannen und die Muskulatur durch Bewegungen zur Musik auflockern. Dem Patienten wird also das Ohnmachtsgefühl genommen, handlungsunfähig zu sein.

Musikbeeinflusste Hormonausschüttung

Musik wirkt sich positiv auf unseren Gemütszustand aus. Was wir aber nicht oder nur unterbewusst wahrnehmen, sind musikbedingte Hormonausschüttungen. manchmal sogar spürbar, wenn einem beim Hören von angenehmer Musik ein Kribbeln über die Haut läuft.

Musik aktiviert auch unser Belohnungssystem im Gehirn. Verschiedene Anreize wie zum Beispiel gutes Essen, Sex oder aber schöne Musik führen dazu, dass Endorphine ausgeschüttet werden. Diese bewirken, dass wir uns wohl fühlen und Schmerzen gelindert werden.

Auch Psychopharmaka und bestimmte Drogen führen zu dieser als positiv erlebten Hormonausschüttung.

Anwendungsgebiete

Ständig wird nach neuen Therapieformen für verschiedenste somatische und psychische Beschwerden geforscht. Jeder Mensch geht mit Leid und Schmerzen anders um, daher müssen Therapeuten Therapieformen individualisieren und an die Patienten anpassen.

Grundsätzlich wird zwischen aktiver und rezeptiver (passiver) Musiktherapie unterschieden. Während sich im ersten Fall der Patient selbst musikalisch betätigt (mit Instrumenten oder Stimme), wird im zweiten Fall Musik “nur” rezipiert, ohne in die musikalische Gestaltung einzugreifen.

Schmerzpatienten

Viele Schmerzpatienten sprechen gut auf Musiktherapien an. Musik kann beispielsweise nach einer Operation eingesetzt werden, um Patienten zu beruhigen und somit ihre Schmerzen zu lindern bzw. den Körper aufzulockern. Bei dieser Art von Therapie werden ruhige Klänge in Verbindung mit einer gesprochenen Entspannungsanleitung vorgespielt.

Bei vielen Patienten kommt es im Rahmen der Musiktherapie neben der Linderung der Schmerzen auch zu einer verbesserten Schlafqualität. Eine Therapie mit starken Schmerzmitteln kann zwar niemals durch eine Musiktherapie ersetzt werden, doch kann die Einnahme von Schmerzmitteln durch den erfolgreichen Einsatz von Musik reduziert werden.

Am besten wirkt Musik, wenn sie über Kopfhörer gehört wird. So werden unangenehme Geräusche ausgeblendet, der Zuhörer kann ganz in der Musik aufgehen. Die Lautstärke der Musik muss vom Patienten selbst gewählt werden, da auch hier die Wahrnehmung sehr individuell ist.

Ruhige Entspannungsmusik verringert Stresshormone, die Pulsfrequenz sowie der Blutdruck verändern sich, Angstgefühle oder depressive Verstimmungen werden durch beruhigende Töne vermindert. Entspannungsmusik wird sowohl vor, während, als auch nach einer Operation im Rahmen der Therapie eingesetzt.

Parkinson-Patienten

Nicht nur Schmerzpatienten profitieren von Musik. Auch bei Parkinson-Patienten stellte man erhebliche Verbesserungen der Motorik fest, nachdem sie diese neue Art der Therapie ausprobiert hatten.

Anders als bei Schmerzpatienten hilft hier jedoch keine Entspannungsmusik. Parkinson-Patienten werden in der Therapie eher zur Aktivität angeregt; sie bewegen sich zur Musik. Dafür verwenden Therapeuten rhythmische Musik wie Märsche, Trommelmusik oder auch Tango. Patienten bewegen sich zu den Klängen, Blockaden werden gelöst und nach nur zehnminütigem Hören und Bewegen zur Musik wird die Feinmotorik verbessert, Ängste und negative Gedanken werden reduziert.

Außerdem werden Stabilität und Beweglichkeit bei Parkinson-Patienten bei rhythmischen Geh- und Tanzübungen trainiert, Stürzen wird folglich vorgebeugt.

Musiktherapie nur gezielt einsetzen

Bei so manch psychischer Erkrankung wird Musiktherapie nicht empfohlen. Bei Psychosen, Borderline-Neurosen, Suizidalität, Epilepsie oder auch bei Menschen, die Musik als etwas Unangenehmes, Störendes empfinden, sowie bei Amusie-Patienten (diese können Tonfolgen oder Rhythmen nicht richtig folgen oder wiedergeben) sollte Musiktherapie entweder gar nicht oder nur sehr vorsichtig zum Einsatz kommen.

Welche Musik zu welcher Therapie?

Bei Stress und Schmerzen kommt ruhige Musik zum Einsatz. Der Rhythmus sollte sich an den Herzschlägen und der Atmung des Menschen orientieren und zwischen 60 und 70 Schläge pro Minute vorweisen. Auch geringe melodische Kontraste und gleichmäßige Dynamik wirken entspannend.

Klassische Werke aber auch Musik aus anderen Kulturen eignen sich zur Entspannung, wenn sie die oben genannten Eigenschaften aufweisen. Für eine Aktivierung (wie die Therapie von Parkinson-Patienten) sollte schnelle Musik wie Marsch- oder Trommelmusik gewählt werden. Veränderungen von Lautstärke, Tempo und Rhythmus spornen zur Bewegung an.

Während bei aktivierender Musik der Körper zum Einsatz kommt, ruht der Körper bei Entspannungsmusik.

Um abschalten und dem Stress entgegen wirken zu können, ist für die Musiktherapie ein ruhiger Platz zu wählen, ohne störende Ablenkungen. Richtige Atmung ist im Zusammenhang mit Entspannungsmusik essentiell und soll trainiert werden. Ist die Atmung ruhig, löst sich auch der Körper von jeglichen Verspannungen.

Professionelle Behandlung durch Musiktherapie kann nur von Ärzten oder ausgebildeten Therapeuten geleitet werden. Natürlich entspannt das Hören von Musik auch ohne die Hilfe eines Professionisten, doch kann eine wirkungsvolle Behandlung von Schmerzen nur durch die Hand eines Therapeuten oder Arztes erfolgen.

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Quellen:

¹ Musik in der Schmerztherapie
² Österreichische Gesellschaft für Musik und Medizin

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Linktipps

– Musiktherapie: Möglichkeiten und Wirkungen
– Tanztherapie: Heilung durch Rhythmus?
– Kunst als Medizin

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Fotocredit: © Tanja Rosenberger

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