Lerntherapie – wenn mein Kind nicht lernen will

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Lerntherapie, Lernschwierigkeiten, Lernstörung

Lernschwierigkeiten können für Kinder und deren Eltern zur massiven Belastung werden. Als Faustregel gilt: Besteht die Lernproblematik länger als drei Monate, sollte professionelle Hilfe in Anspruch genommen werden. Eine von einem fachkundigen Therapeuten durchgeführte Lerntherapie kann hierbei sehr gute Erfolge erzielen.


Die Gründe für Lernschwierigkeiten und Lernstörungen können vielfältig sein. Mögliche Ursachen sind Motivationsschwierigkeiten, Aufmerksamkeitsprobleme, schlechte Lerntechniken, Prüfungsangst oder psychische Probleme. Auch bei der Behebung der sogenannten Teilleistungsschwächen, zu denen die Lese- und Rechtschreibschwäche (Legasthenie) sowie die Rechenschwäche (Dyskalkulie) zählen, ist die lerntherapeutische Behandlung oftmals sehr erfolgreich.

Typisch für Legasthenie sind Buchstabenverdrehungen oder -auslassungen, aber auch die Verwechslung ähnlich aussehender oder klingender Laute (z. B. „b“ mit „d“, „m“ mit „n“ oder „d“ mit „t“).

Die Länge von Lauten wird nicht erkannt, „Himmel“ zum Beispiel wird nicht nur beim Schreiben, sondern auch beim Sprechen zu „Himel“. Trotz Übens macht der Schüler immer wieder die gleichen Fehler, das Kind liest „buchstabierend“ und hat Probleme, die Worte zusammenzufügen. Es versteht meist den Sinn des Gelesenen nur oberflächlich oder gar nicht. Verständlicherweise setzen betroffene Kinder daher alles daran, Lesen und Schreiben, wo es geht, zu vermeiden. Hausübungen Machen und Lernen wird für die Eltern damit zur Belastungsprobe.

Dennoch: Nicht alle der genannten Probleme treten im Zuge einer Legasthenie immer auf.

Bei der sogenannten Rechenschwäche (Dyskalkulie) sind keine einheitlichen Symptome festzumachen. Kennzeichen sind ein fehlerhaftes Denken hinsichtlich mathematischer Kategorien wie Menge, Zahl, Stellenwert und Defizite in der Ausübung der Grundrechnungsarten.

So kann das Kind z. B. nicht verstehen, was die Zahl 7 eigentlich bedeutet bzw. welche Funktion solch eine Zahl erfüllt, oder es hat erhebliche Schwierigkeiten, die Grundrechnungsarten im Zahlenraum 10 zu lösen, obwohl es schon die zweite Klasse besucht. Ein Hinweis auf Rechenschwäche kann ebenso sein, dass das Einmaleins trotz intensiven Übens nicht beherrscht wird oder die Lösung von Textaufgaben große Schwierigkeiten bereitet.

Eine dritte Lernstörung, bei der die Lerntherapie zur Anwendung kommt, ist das Aufmerksamkeitsdefizitsyndrom mit oder ohne Hyperaktivität (kurz ADS bzw. ADHS). Es äußert sich durch starken Konzentrationsmangel mit oder ohne übermäßigem Bewegungsdrang. Kennzeichnend ist auch, dass es den Kindern an Selbstkontrolle mangelt und sie sehr impulsiv handeln.

Der Kampf gegen die Lernschwäche ist Teamwork

Am Anfang jeder lerntherapeutischen Behandlung steht immer eine ausführliche Diagnose. Das heißt, es wird mit Hilfe von bestimmten diagnostischen Verfahren sowie Gesprächen mit Eltern, Kindern und Lehrern festgestellt, um welche Problematik es sich genau handelt.

Diese Diagnose kann auch vom jeweiligen Schulpsychologen erstellt werden. Auf Basis der Ergebnisse wird ein sogenannter Förderplan entwickelt, der festlegt, welche Ziele in der Lerntherapie Priorität haben und wie diese erreicht werden sollen. Egal, um welche Lernstörung es sich handelt, neben der Arbeit mit dem Kind steht auch die Zusammenarbeit zwischen Eltern und Lehrern im Fokus, denn es gilt, eine umfassende Förderung unter Einbeziehung sämtlicher Schulpartner zu garantieren.

Was können nun Eltern tun, wenn bei ihrem Kind eine Lernstörung festgestellt wird?

Jede Lernstörung sollte möglichst früh behandelt werden. Eltern sollten daher keineswegs zuwarten, sondern mit dem Lehrer sprechen oder sich an den Schulpsychologen wenden, um abzuklären, ob eine Lernstörung vorhanden ist. Keineswegs hilfreich ist es, dem Kind Vorwürfe zu machen oder Druck auf das Kind auszuüben; die psychische Situation der Kinder ist bei der Behandlung und Förderung unbedingt zu berücksichtigen. Geduld, Lob und Motivation sind unverzichtbare Elemente der Förderung von lernschwachen Kindern. Die Stärken des Kindes zu betonen und zu loben, um diesem zu mehr Selbstbewusstsein zu verhelfen, ist wichtig für die Entwicklung des Kindes.

Wie können Eltern ein Kind mit Legasthenie fördern?

Helfen kann, lange Wörter beim Lesen zu unterteilen oder eine Leseschablone zu verwenden. Auch sollte dem Kind geholfen werden, Wörter richtig auszusprechen. Legastheniker werden schnell müde, also sind beim Lernen ausreichend Pausen einzuplanen. Zeitdruck sollte unbedingt vermieden werden, da die Aufmerksamkeit und die Gedanken sprunghaft sind.

Wichtig ist jedenfalls, dass die Förderung einzeln oder in kleinen Gruppen stattfindet. Auch Computer können eingesetzt werden, intensiv geübt werden sollte die Verwendung von Wörterbüchern. Erfolg versprechen Übungen wie: Reimwörter finden (Riese – Wiese), Ähnlichkeitswörter unterscheiden (viel – fiel). Wichtig ist übrigens zu beachten, dass sich Legasthenie nicht nur im Deutsch- und Mathematikunterricht, sondern auch in anderen Unterrichtsfächern bemerkbar machen kann.

Für die Behandlung der Rechenschwäche ist eine sehr individuelle Vorgehensweise erforderlich. Bevor Rechenvorgänge automatisiert werden, sollte das Kind diese verstanden haben. Lernt ein Kind abzurufenden Lernstoff einfach nur auswendig, vergisst es das Gelernte relativ rasch wieder. Daher ist eine individuelle Förderung bei Dyskalkulie unbedingt notwendig. Oft geht es bereits zu Beginn der Schulzeit darum, die einfachsten Grundlagen mit dem Kind zu erarbeiten.

Was tun gegen fehlende Aufmerksamkeit?

Kinder mit Aufmerksamkeitsdefizit-Hyperaktivitätssyndrom benötigen viel Zuwendung und eine der Entwicklung förderliche Atmosphäre. Maßnahmen, die sich in der Regel positiv auswirken, sind:

  • Das Herstellen einer ruhigen Atmosphäre
  • Regeln sollten positiv und möglichst kurz formuliert werden.
  • Loben und belohnen des Einhaltens von Regeln, aber auch Konsequenz in der Erziehung, um Grenzen und Freiräume aufzuzeigen.
  • Wichtig ist es auch, den Tageslauf zu strukturieren, d. h. Hausaufgaben machen, zu Bett gehen und dergleichen sollten immer zur gleichen Zeit erfolgen.
  • Ordnung ist sowohl beim Lernen als auch beim Spielen von großer Bedeutung. Störreize wie Geräusche, unruhiges Licht, Fernsehen, Radio usw. sollten vermieden werden.
  • Ebenso spielt Lob eine wichtige Rolle. Eindeutig und spontan sollte gelobt werden, was dem Kind gut gelungen ist.
  • Um ADHS-Kindern mehr Sicherheit zu geben, ist es wichtig, ihnen Außensteuerung zu geben, da ihnen die Selbststeuerung sehr schwer fällt.
  • Wenn das Kind sich nicht unter Kontrolle hat, ist es günstig, ihm einen Ort anzubieten, an dem es sich beruhigen kann.

Bei allen genannten Lernstörungen ist eine individuelle Förderung, also eine Förderung, die auf das Kind „zugeschnitten“ ist – wie sie eben auch die Lerntherapie anbietet – unerlässlich.

Letztendlich gilt es, eine positive Einstellung zum Lernen insgesamt zu finden, denn damit fällt dem Kind die Erfüllung von Lernaufgaben leichter. Negative Gedanken wie „Das schaffe ich nie“ sind leider bei Schulkindern oft zu finden. Daher ist es wichtig, seine Gedanken bewusst in eine zuversichtliche Richtung zu lenken. Ist diese „Hausübung“ einmal geschafft, wird der Erfolg weiterer Maßnahmen nicht ausbleiben.

[Astrid Meissner]

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