Bruchkrankheit (Hernie) | Krankheitslexikon

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Bruchkrankheit (Hernie) | Krankheitslexikon

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Als Hernie (Bruch) bezeichnet man eine Ausstülpung des Bauchfells durch eine Lücke in der Bauchwand. Durch die Lücke treten Eingeweideteile (nicht selten Dünndarm) oder Fettgewebe hervor und verlagern sich als Vorwölbung sichtbar vor die Haut.


Bruchkrankheit | Hernie – Artikelübersicht:

Die Häufigkeit von Hernien kann je nach Alter, Geschlecht, Gesundheitszustand und anderen Faktoren variieren, Bruchkrankheiten treten jedoch in bestimmten Bevölkerungsgruppen häufiger auf. Männer sind zum Beispiel häufiger betroffen als Frauen, und ältere Menschen haben ein höheres Risiko als jüngere Menschen.

Eingeweidebrüche sind insgesamt ein weit verbreitetes Phänomen. Am häufigsten ist der Leistenbruch: Leistenhernien machen etwa 75% aller Hernien aus. Etwa 25 von 100 Männern und 2 von 100 Frauen bekommen mindestens einmal eine Hernie an der Leiste. Nach Schätzungen der internationalen Herniengesellschaften wurden im Jahr 2007 weltweit etwa 20 Millionen Leistenhernien operiert.

Narbenhernien und Bauchwandhernien sind seltener, machen aber immer noch einen signifikanten Anteil aus.

Es ist wichtig zu beachten, dass Hernien nicht immer symptomatisch sind und einige Menschen möglicherweise keine Symptome bemerken. Wenn jedoch Symptome auftreten, sollten sie ernst genommen und behandelt werden, um Komplikationen zu vermeiden. Zu den häufigen Symptomen einer Hernie gehören Schmerzen, Schwellungen, ein dumpfes Gefühl oder Druck in der Leistengegend oder am Bauch, Übelkeit und Erbrechen.

Ursachen und Risikofaktoren

Angeborene Leisten- und Nabelbrüche sind Folge von Schwachstellen der Bauchwand. Normalerweise erreicht die Bauchwand erst gegen Ende des ersten Lebensjahrs ihre volle Stabilität.

Erworbene Hernien entstehen durch allmähliches Auseinanderweichen der Bauchmuskulatur bei intakter darüber liegender Haut, was auf ein Missverhältnis zwischen Solidität der Muskelschichten (Disposition) und dem Innendruck im Bauchraum (Realisationsfaktor) zurück zu führen ist.

Die Hernie ist die häufigste Komplikation nach einer Stoma-Operation.

Bei einer Stoma-Operation wird ein künstlicher Ausgang aus dem Darm geschaffen, der durch die Bauchwand nach außen geführt wird. Hierfür wird ein Schnitt in die Bauchwand gemacht und die Darmenden durch diesen Schnitt nach außen geführt.

Durch diesen Eingriff wird die Bauchwand geschwächt und es entsteht eine Schwachstelle, durch die später ein Teil des Darms oder anderer innerer Organe in Form einer Hernie durchbrechen kann.

Weitere Faktoren, die das Risiko einer Hernie nach einer Stoma-Operation erhöhen können, sind Übergewicht, fortgeschrittenes Alter, Rauchen, chronische Lungenerkrankungen oder andere Erkrankungen, die den Heilungsprozess verzögern oder beeinträchtigen können.

Disposition und Realisationsfaktoren

Die Festigkeit der Bauchwand ist bei konstitutioneller Bindegewebsschwäche von vornherein vermindert. Krampfadern, Zellulitis, überstreckbare Gelenke und Plattfüsse sind weitere mögliche Zeichen dieser Veranlagung. Auch Übergewicht, forcierte Abmagerung, aber auch schnelle, starke Gewichtszunahme und altersbedingte Abbauvorgänge disponieren zum Entstehen einer Hernie.

Gemeinsam ist ihnen, dass im Bauchraum zeitweilig ein erhöhter Binnendruck herrscht, der die bereits geschwächten Strukturen zusätzlich belastet. Dies ist der Fall bei

Verstopfung, Übergewicht, chronischem Husten, Prostatahypertrophie, körperlicher Schwerarbeit, Schwangerschaft.

Mit jedem Hustenstoss entsteht eine explosionsartige Druckerhöhung im Bauchinnern. Bei Prostatahypertrophie und chronischer Verstopfung kommt der Überdruck durch wiederholtes, massives Pressen beim Wasserlösen oder Stuhlgang zustande. Eine momentane äussere Gewalteinwirkung oder ein einmaliger Kraftakt führen wohl nur zur Hernie, wenn eine Disposition vorliegt und das “Aufweichen” der Bauchwand schon früher begonnen hat.

Das Krankheitsbild

Ziehende Schmerzen an der Durchtrittsstelle (“Bruchpforte”) können auftreten besonders bei körperlicher Belastung, Husten oder Stuhlgang und zwar bereits bevor die Vorwölbung zu sehen ist.

Die Hernie zeigt sich äusserlich als Vorwölbung der Bauchwand (“Bruchgeschwulst”). Sie kann ständig vorhanden sein, oder nur im Stehen und bei Belastung heraustreten. Gewöhnlich verschwindet sie im Liegen oder durch Druck mit der Hand.

Das spontane Zurückschlüpfen des Bruchinhalts im Liegen und das Wiederauftreten im Stehen sind fast beweisend für einen Leistenbruch. Bei Männern reicht der Bruch gelegentlich bis in den Hodensack (Skrotum) hinunter; man spricht dann von Skrotalhernie.

Durch den ständig weiter wirkenden Schub des Eingeweidepakets von innen kann die Hernie von Natur aus nur grösser werden, aber niemals spontan heilen.

Arten von Hernien

Es gibt bei den Eingeweidebrüchen verschiedene Arten, wobei die Hernien je nach Lokalisation unterschieden werden können. Hier die häufigsten Hernienarten im Überblick:

  • Leistenbruch: Eine Leistenhernie, tritt auf, wenn ein Teil des Darms durch eine Schwachstelle in der Bauchwand in den Leistenkanal tritt. Der Leistenbruch ist eine der häufigsten Arten von Hernien. Er tritt bei Männern häufiger auf als bei Frauen und kann durch Überanstrengung, schwere körperliche Arbeit oder Gewichtheben verursacht werden. Eine Leistenhernie kann auch angeboren sein.
  • Nabelbruch: Eine Nabelhernie tritt auf, wenn ein Teil des Darms oder des Bauchfells durch eine Schwachstelle im Nabel tritt.
  • Zwerchfellbruch: Eine Zwerchfellhernie tritt auf, wenn ein Teil des Magens in den Brustraum durch eine Schwachstelle im Zwerchfell tritt.
  • Narbenbruch: Eine Narbenhernie bzw. Bauchwandhernie tritt auf, wenn ein Teil des Darms durch eine Schwachstelle in einer früheren Operationsnarbe tritt.
  • Schenkelbruch: Eine Schenkelhernie tritt auf, wenn ein Teil des Darms durch eine Schwachstelle in der Leistenbeuge in den Oberschenkel tritt. Es sind überwiegend ältere Frauen davon betroffen.

Komplikationen

“Einklemmung” (Inkarzeration) ist die wichtigste und gefährlichste Komplikation. Sie tritt immer plötzlich auf. Die Bruchgeschwulst lässt sich nicht mehr ins Bauchinnere zurückschieben, sie schmerzt extrem, wird teigig geschwollen und gerötet. Wenn Darmschlingen in der Bruchgeschwulst gefangen sind und abgeklemmt werden, führt dies zum Darmverschluss.

Hernien können aber zu verschiedenen Komplikationen führen, wenn sie nicht behandelt werden oder wenn sie sich verschlimmern.

Überblick über mögliche Komplikationen von Hernien:

  • Einklemmung oder Strangulation: Zu einer Einklemmung oder Strangulation bei einer Bruchkrankheit kommt es, wenn ein Teil des Darms oder anderer innerer Organe in der Hernie eingeklemmt wird. Diese Einklemmung kann den Blutfluss in diesem Bereich beeinträchtigen, was zu Schmerzen, Übelkeit, Erbrechen und in schweren Fällen zu einem Darmverschluss führen kann. Dies ist ein medizinischer Notfall, der sofort behandelt werden muss.
  • Darmperforation: Eine unbehandelte Einklemmung oder Strangulation kann zu einer Darmperforation führen, bei der ein Loch in der Darmwand entsteht. Dies kann dazu führen, dass Darminhalt in die Bauchhöhle gelangt und zu einer lebensbedrohlichen Infektion führt.
  • Chronische Schmerzen: Eine Hernie kann chronische Schmerzen verursachen, insbesondere wenn sie nicht behandelt wird und sich verschlimmert.
  • Rezidiv: Nach einer Hernienoperation kann es zu einem erneuten Auftreten der Hernie kommen, was als Rezidiv bezeichnet wird.
  • Verlust der Organfunktion: In seltenen Fällen kann eine Hernie zu einem Verlust der Organfunktion führen, wenn ein Teil des Organs eingeklemmt wird und nicht ausreichend durchblutet wird.
  • Es ist wichtig, eine Hernie so früh wie möglich zu diagnostizieren und zu behandeln, um das Risiko von Komplikationen zu minimieren.

    Was man selbst tun kann – Vorbeugung

    Besteht bereits ein Leistenbruch, ist es am besten, starke körperliche Belastung zu meiden und den Bruch bald operieren zu lassen. Ein Bruchband vermag im besten Fall den Bruchinhalt im Bauchinneren zurück zu halten und kurzfristig die subjektiven Beschwerden zu lindern, ein Zusammenwachsen der Muskellücke kann jedoch nicht erfolgen.

    Bei schmerzhafter Spannung über einer Bruchgeschwulst lässt sich deren “Zurückschlüpfen” in den Bauch bisweilen in einem warmen Bad erreichen, doch soll dies nicht länger als eine halbe Stunde versucht werden, und nicht wenn Koliken bestehen.

    Vorbeugend sind ein normales Körpergewicht, das Vermeiden von chronischer Verstopfung und Überlastung der Bauchwandmuskulatur durch ungewohnt anstrengende Tätigkeit. Forciertes Abnehmen begünstigt demgegenüber das Entstehen eines Leistenbruchs.

    Wann braucht es den Arzt?

    Eine Hernie gleich welcher Lokalisation ist beim Jugendlichen und Erwachsenen nur operativ zu beheben; daher sollte ein Arzt konsultiert werden. Anlässlich der Operation wird der Bruchinhalt in die Bauchhöhle zurückverlagert, die Bruchpforte verschlossen und die Bauchwand verstärkt.

    Vor einem programmierten Eingriff ist zu überlegen, wie die Realisationsfaktoren (siehe oben) zu beseitigen sind, denn wenn diese fortdauern, können sie nach der Operation das Wiederauftreten der Hernie provozieren. In diesem Sinn hat es sich zum Beispiel bei älteren Männern mit Hernie und Prostatabeschwerden bewährt, mit der Hernie gleich auch die Prostata zu operieren.

    Bei Kindern bildet sich ein Nabelbruch, der über das Säuglingsalter hinaus bestehen blieb, oft selbst zurück; das Risiko einer Einklemmung ist ausserdem gering. Deshalb wird eine Nabelhernie gewöhnlich nicht vor dem 2. Lebensjahr operiert.

    Die Hernienoperation

    Bei der operativen Versorgung werden grundsätzlich offene von minimalinvasiven und nahtbasierte von netzbasierten Verfahren unterschieden.

    Die klassische Hernieoperation, auch Herniotomie genannt, ist ein offenes Verfahren und wird durch einen Schnitt in der Bauchwand (Hautschnitt über der Bruchgeschwulst) durchgeführt, um den Leistenkanal oder die Schwachstelle zu erreichen, durch die ein Teil des Darms in die Hernie tritt. Nach deren Zurückdrängen in den Bauch wird die Muskellücke mit Nähten verschlossen und die Bauchwand verstärkt.

    Je nach Art und Schwere der Hernie kann es auch alternative minimalinvasive Techniken geben, die einen kleineren Schnitt und eine schnellere Genesung erlauben können. Die laparoskopische Methode etwa beruht auf dem Einbringen eines Kunststoffnetzes hinter die Bruchpforte von innen her, was unter Monitorkontrolle von drei kleinen Hautschnitten aus geschieht. Das Verfahren ermöglicht einen kürzeren Spitalaufenthalt und raschere Aufnahme der üblichen Tätigkeit, wird jedoch erkauft mit der Implantation eines Fremdkörpers in die Bauchwand.

    Es gibt noch weitere minimalinvasive OP-Techniken bei einer Bruchkrankheit, beispielsweise die robotergestützte, die endoskopische und die nahtlose Hernienoperation.

    Nach einer Hernienoperation sollte man generell vier Wochen mit körperlicher Belastung warten, dann mit leichtem sportlichem Training (Schwimmen) beginnen. Erst nach etwa drei Monaten hat die operierte Bauchwand ihre maximale Festigkeit erreicht. Bis dahin empfiehlt sich, nicht mehr als zehn Kilogramm Gewicht auf einmal zu tragen.

    Dieser Zeitablauf gilt zumindest für die konventionelle Operation “von aussen”. Erfolgte die Reparatur der Hernie auf laparoskopischem Weg (“von innen”), ist Stabilität etwas früher zu erwarten, doch auch das solide Einheilen eines Kunststoffnetzes braucht seine Zeit.

    Von einer Fitnessdemonstration oder sportlichen Höchstleistung ist demzufolge auch im Anschluss an eine Laparoskopie während mehrer Wochen abzuraten.

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    Quellen:

    ¹ Classification of primary and incisional abdominal wall hernias (Muysoms, F.E. et al. in Hernia 13, 407–414; 2009) doi: doi.org/10.1007/s10029-009-0518-x
    ² Minimally invasive discectomy for lumbar disc herniation: current concepts, surgical techniques, and outcomes Kanno H. et al. in Int Orthop. 2019 Apr;43(4):917-922.) doi: 10.1007/s00264-018-4256-5

    [Verfasst 03/2005, Update: 02/2023]

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    Linktipps:

    Leistenbruch – TEP Technik
    Bauchschmerzen bei Kindern
    Chronische Dickdarmentzündung – Colitis Ulcerosa
    Reizdarm – Medizinlexikon
    Was ist eine Rektusdiastase?

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