Die Welt der Gerüche

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Düfte

Der Mensch ist alles andere als ein schlechter Riecher – schon seit Urzeiten hilft uns der Geruchssinn zu überleben. Die Welt der Düfte ist eine Welt der Chemie – mehr als 10.000 verschiedene Düfte können wir wahrnehmen. Wie aber werden diese Informationen verarbeitet und welche Wirkung haben Düfte auf das Verhalten?


Düfte sind faszinierend, sie spielen in unserem Leben, in unserer Gesellschaft eine besondere Rolle und können zu unserem persönlichen Wohlbefinden beitragen, dennoch ist die Nase des Menschen wohl eines der am meisten unterschätzten Organe.

Der Geruchsinn

Der Geruchssinn wirkt direkt auf das limbische System, einem der ältesten Regionen des Gehirns – verantwortlich für die Entstehung von Gefühlen ebenso wie die Bildung bestimmter Hormone. Die Nase ist das einzige Sinnesorgan, das seine Impulse direkt ins Gehirn leitet, ohne dass noch andere Nervenzellen dazwischengeschaltet sind. Erste Station der Geruchswahrnehmung ist die Riechschleimhaut ganz oben in der Nasenhöhle. Hier sitzen die Riechzellen, auf einer Fläche von nur 5,5 cm2. Das ist etwa so groß wie ein 2-Euro-Stück. Rund 3 Millionen Riechsinneszellen besitzt jeder Mensch. Alle 3 Monate werden sie komplett erneuert, wobei jede Riechzelle auf einen bestimmten Duftstoff spezialisiert ist.

Die Fortsätze der Riechsinneszellen führen durch das Siebbein direkt in den Riechkolben. Er liegt oberhalb der Nasenwurzel und ist einer der ältesten Teile des Gehirns. Hier liegen rund 30.000 kugelige Rechenzentren, die sogenannten Glomeruli. In jedes dieser kugeligen Gebilde laufen die Informationen von etwa 1000 Riechzellen ein und werden nach Stärke und Absender sortiert und verrechnet. Die Rezeptoren für die Duftstoffmoleküle sitzen auf Sinneshaaren der Riechzellen. Diese ragen in die wässrige Schleimschicht der Nasenschleimhaut hinein. Bevor ein Duftstoff an ein Sinneshaar andockt, löst er sich also zunächst in Wasser. Am Rezeptor der Riechzelle angekommen, löst der Duftstoff in der Zelle einen elektrischen Impuls aus. Dieser wird im Inneren der Zelle um das bis zu 1000-fache verstärkt und über lange Fortsätze der Riechzellen, sogenannte Axone, ans Gehirn weitergeleitet.

Die Identifikation eines Duftes ist ein Lernprozess: Bereits in der Riechrinde wird das charakteristische Muster der Nervenimpulse mit dem Objekt, von dem der jeweilige Geruch stammt, verkoppelt und abgespeichert – allerdings nur wenn ein Duft stark genug zur bewußten Wahrnehmung ist. Ist dies der Fall, schickt das Riechhirn Impulse in höhere und entwicklungsgeschichtlich jüngere Gehirnzentren. Über eine weitere Schaltzentrale, den Thalamus, laufen sie in die Großhirnrinde. Hier entsteht in der sogenannte Riechrinde aus den eintreffenden Nervenreizen der bewusste Geruchseindruck. Jetzt erst weiss man, was einem da in die Nase gestiegen ist – und immer wenn erneut ein Duft auftaucht, wird das in der Riechrinde fortan auch als bekannt erkannt (olfaktorische Gestaltwahrnehmung).

Düfte im Alltag

Gerüche sind komplizierte Gemische. Was einem da als ein unverwechselbarer Duft in die Nase steigt, ist in der Regel ein Potpourri aus hundert oder gar tausend verschiedenen Molekülen. Allerdings reichen meist wenige sogenannte Leitsubstanzen aus, um einen Geruch zu erkennen. Rund 10 000 verschiedene Düfte kann unsere Nase unterscheiden. Diese verschiedenen Geruchseindrücke aus dem Gewirr einzelner Duftstoffe in der Luft herauszufiltern und zu identifizieren, ist für unseren Geruchssinn eine höchst anspruchsvolle Aufgabe.

Im Vergleich zu unserem Geruchssinn ist der eigentliche Geschmackssinn geradezu unterentwickelt: er unterscheidet nur 5 Geschmacksrichtungen: süß, sauer, salzig, bitter und umami – das ist Japanisch und lässt sich am besten mit “wohlschmeckend” oder “fleischig” übersetzen. Damit bezeichnet man die fünfte Geschmacksrichtung – Glutamat schmeckt so, das als Geschmacksverstärker häufig im Essen vorkommt. Mit anderen Worten: Die meisten Geschmackskomponenten einer Speise schmecken wir nicht, sonderm nehmen wir eigentlich durch die Nase wahr.

Bewusste oder unbewusste Duftwirkungen können die Ausgeglichenheit oder die emotionale Stabilität verbessern, sie können Ängstlichkeit oder Verärgerung entgegentreten, sie können beispielsweise auch schöpferische Kreativität bewirken. Düfte wirken direkt auf Körper und Seele und damit auch auf Emotionen und das Verhalten von Menschen. Die Bereiche des Gehirns, in denen Informationen über Gefühle, Erinnerungen oder Sexualität sitzen, werden direkt angesprochen. Der Körper antwortet darauf mit einer Ausschüttung von Hormonen – die jeweilige Stimmung wird sofort beeinflusst.

Riechstoffe oder deren Kompositionen (Parfümöle) werden deshalb auch in vielfältiger Weise eingesetzt:

  • Feinparfümerie
  • Kosmetik
  • Seifen
  • Shampoos
  • Waschmittel
  • Haushaltsreiniger.

Wir begegnen Riechstoffen aber auch in der industriellen Produktion. Hier ist ihr Einsatz produktionstechnisch bedingt. Beispielsweise gibt es schlecht riechende Kunststoffe, oder die Herstellung von Kunststoffen bringt kaum auszuhaltende Geruchsbelästigungen mit sich. In solchen Fällen wird dem Kunststoff ein maskierendes Parfümöl beigegeben, so dass die Geruchsbelästigung während der Kunststoff-Herstellung minimiert oder der Eigengeruch des Kunststoffs beeinflusst werden kann.

Wir alle kennen auch den typischen Duft eines Neuwagens. Würde keine Beduftung erfolgen, wäre der Geruch des Fahrzeugraums eher abstoßend als angenehm. Man stelle sich eine Geruchsmischung aus Schmiermitteln, Öl und Plastik vor.

Man beduftet aus Gründen der Raumluftqualität beispielsweise auch Konferenzräume, Hotelhallen, Theater oder Konzertsäle. Beispielsweise können die Sitze des Konzertsaales im Gewandhaus (Leipzig) beduftet werden. Die Sitze haben spezielle Belüftungsschlitze, die an ein Beduftungssystem angeschlossen sind.

Man mag über den Sinn solche Duft-Anwendungen streiten. Kritiker sprechen gerne undifferenziert von “chemischen Keulen” oder “Manipulationsdüften”. Andererseits soll durch solche Duftanwendungen lediglich ein gewisses Wohlbefinden beim Menschen erreicht werden.

Wirkung der Düfte

Anders als ein Hund orientiert sich der Mensch zwar nicht anhand von Gerüchen, aber unser Geruchssinn scheint deutlich öfter an Entscheidungen beteiligt zu sein, als uns bewusst wird. Gerade wenn es um Gefühle geht, folgt auch der Mensch meist seiner Nase. Dabei spielt ebenfalls das limbische System eine entscheidende Rolle.

Im Frühling kommt bestimmten Düften übrigens eine ganz besondere Rolle zu: Pheromone, jene chemischen Sexuallockstoffe, die auf das Unterbewusstsein wirken, werden nun vermehrt ausgeschüttet und sollen die Aufmerksamkeit des Gegenüber erhöhen. Dass Insekten beispielsweise diese chemischen Botenstoffe verwenden, um potenzielle Paarungspartner anzulocken bzw. zu erkennen, gilt mittlerweile als bewiesen. Ob diese allerdings tatsächlich einen “betörenden” Einfluss auch auf den Menschen ausüben, ist wissenschaftlich noch umstritten..

Düfte können nicht nur eine wohltuende Wirkung auf die Psyche und den Körper des Menschen haben, sondern bei bestimmten Beschwerden auch als unterstützendes Heilmittel eingesetzt werden. Bereits im Jahr 1928 begann der französische Chemiker René Gattefossé die ätherischen Öle im Hinblick auf eine moderne Aromatherapie zu erforschen. Er entwickelte eine Heilmethode auf der Basis von natürlichen Pflanzendüften.

Es gibt sehr viele Erfahrungsberichte über die Heilwirkung von Duftessenzen, auch einige wissenschaftliche Studien, die aber meist den geforderten Standards seriöser Studien nicht standhalten. Was aber nicht bedeuten muss, dass Aromatherapie gleich Hokuspokus ist. Die Wirkung von Gerüchen auf das zentrale Nervensystem ist zumindest über den Nervus trigeminus eindeutig belegt. Dieser dreiteilige Gesichtsnerv wird durch Menthol, aber beispielsweise auch durch Zwiebelgeruch gereizt und führt zu einer Reihe physiologisch messbarer Reaktionen (schleimhautabschwellend bei verstopfter Nase, tränentreibend beim Zwiebelschneiden).

Heute verwendet man die ätherischen Öle der Aromatherapie vor allem bei psychosomatisch mitverursachten Beschwerden wie Schlafstörungen, Verstimmung, Nervosität oder Stress. Auch als unterstützende Heilmittel bei Erkältungskrankheiten, Wechseljahres-Beschwerden oder nervösen Magen-Darm-Beschwerden sind die ätherischen Öle anerkannt.

Tipp:

Ätherische Öle sind natürliche Produkte, die – richtig dosiert – in der Regel keine Nebenwirkungen auslösen. In hohen Dosen können sie allerdings auch giftig und sogar gefährlich sein. Deshalb ist es wichtig, die Öle niemals unverdünnt anzuwenden und sich an die Dosierungsrichtlinien zu halten. Bei einer entsprechenden Veranlagung kann es bei der Anwendung von ätherischen Ölen im Körper zu allergischen Reaktionen kommen.

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Linktipps

– Geruch & Sexualität
– Nasen-Corner: Infos von A bis Z
– Geschmackssinn – schmecken mit Mund, Nase, Augen & Ohren
– Lavendel – der Alleskönner

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